Äußerlich dürften die Primaten aus dem Eozän heutigen Koboldmakis geähnelt haben, ihren engsten verbliebenen Verwandten.
Illustration: Randwulph

Austin – Abgesehen vom Menschen gibt es in Nordamerika schon lange keine Primaten mehr – ähnlich wie in Europa, wo nur auf der Spitze von Gibraltar eine Population von Berberaffen lebt, die ansonsten in Nordafrika vorkommen. Im Zeitalter des Eozän war das ganz anders: Sowohl Nordamerika als auch Europa, die zeitweise durch eine Landbrücke im hohen Norden verbunden gewesen sein dürften, waren von einer ganzen Reihe von Primatenarten bewohnt.

Tropische Bedingungen

Aus diesem Zeitraum stammen drei Spezies, die nun von US-Forschern im "Journal of Human Evolution" vorgestellt wurden. Die Tiere lebten vor etwa 42 bis 46 Millionen Jahren im heutigen Kalifornien, ihre Zähne wurden in der Friars Formation nahe San Diego gefunden. Das Forscherteam um Amy Atwater und Chris Kirk von der University of Texas stellte sie in die Familie der Omomyidae.

Diese lebte im Eozän in weiten Teilen der Nordhalbkugel, als es dort um einiges wärmer war als heute und tropische Wälder die Landschaften prägten, ein ideales Habitat für Primaten. Omomyidae zählten zu den Trockennasenprimaten, also dem Teil der Primaten, zu dem auch die eigentlichen Affen inklusive des Menschen gehören. Die Schwestergruppe bilden die Feuchtnasenprimaten mit den Lemuren.

Aus den Zähnen lässt sich durch Vergleiche mit bereits bekannten Verwandten gut auf die Größe der Tiere schließen. Alle drei kalifornischen Arten waren offenbar recht klein. Brontomomys cerutti erreichte als größte Art etwa 800 Gramm, Ekwiiyemakius walshi nur etwa 120. Gunnelltarsius randalli lag mit etwa 300 Gramm in der Mitte. Mit den Namensvergaben wurden unter anderem die beiden verstorbenen Paläontologen Stephen Walsh und Gregg Gunnell geehrt.

Übers Meer

Obwohl die Omomyidae zu "unserer" Hälfte der Primatenverwandtschaft gehören, sind es nicht unsere direkten Urahnen, sondern eher ein Seitenzweig des äffischen Stammbaums. Und sie waren auch nicht die Ahnen der Affen, die heute in Süd- und Mittelamerika bis in den Süden Mexikos vorkommen. Als die Omomyidae vor knapp 30 Millionen Jahren ausstarben, waren Nord- und Südamerika noch durch ein breites Stück Ozean voneinander getrennt. Theoretisch hätten Primaten dieses auf "schwimmenden Inseln" aus Pflanzenmaterial überqueren können – das geschah zwar auch, allerdings nach heutigem Forschungsstand von Afrika her, nicht aus dem Norden. (jdo, 29. 8. 2018)