Rekonstruktion der Wespe Xenomorphia resurrecta und ihres wehrlosen Opfers.
Illustration: Thomas van de Kamp, KIT; Nature Communications

Stuttgart – Wespen, wie wir sie aus dem Alltag kennen, sind nicht unbedingt die typischsten Vertreter ihrer Verwandtschaft. Evolutionsbiologen gehen heute davon aus, dass Wespen ursprünglich Parasiten waren und nur einige Untergruppen diesen Lebensstil nachträglich wieder abgelegt haben (inklusive der Ameisen, die eigentlich auch zu den Wespen gehören).

Zehntausende – möglicherweise hunderttausende – Wespenspezies leben auch heute noch als Parasiten, die ihre Eier in oder auf die Körper anderer Tiere ablegen und ihre Maden die befallenen Opfer von innen her auffressen lassen. Das war vor 30 Millionen Jahren nicht anders, wie Fossilien aus Frankreich zeigen.

Analysiert wurden mehr als 1.500 mineralisierte Fliegenpuppen, die im 19. Jahrhundert in Minen der südfranzösischen Region Quercy entdeckt wurden und heute zu Sammlungen in Basel und Stockholm gehören. Mittels sogenannter Synchrotron-Röntgen-Mikrotomographie konnten Forscher am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) die inneren Strukturen der Puppen hochaufgelöst sichtbar machen.

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Jede der knapp drei Millimeter großen Fliegenpuppen wurde durchleuchtet. In 55 von ihnen fand sich ein Parasit. Wie das Naturkundemuseum Stuttgart mitteilte, konnten dadurch vier bisher unbekannte – und inzwischen längst ausgestorbene – Wespenarten identifiziert werden.

Die am häufigsten gefundene Art erhielt den Fachnamen Xenomorphia resurrecta. Xenomorphia ist eine Anspielung auf die als Xenomorph bezeichneten Wesen aus der Science-Fiction-Filmreihe "Alien", deren Lebenszyklus dem von parasitischen Wespen nachempfunden ist. Das zweite Namensteil "resurrecta" verweist auf die digitale Wiederauferstehung der ausgestorbenen Art.

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"Noch nie konnten parasitische Wespen im Inneren von Insektenfossilien in dieser Detailgenauigkeit untersucht werden", sagt der Stuttgarter Insektenforscher Lars Krogmann. "Unsere Daten liefern neue Erkenntnisse zur Evolution dieser erfolgreichen Tiergruppe." Und sein Kollege Thomas van de Kamp vom KIT ergänzt: "Unser Projekt beweist, dass es sich lohnt, alte Sammlungen mit modernster Technik neu zu erforschen." (red, APA, 31. 8. 2018)