Fahrplaninformationen darf Regiojet am ÖBB-Hauptbahnhof Wien aufstellen, über einen Fahrkartenschalter und das, was dort verkauft werden darf, wird hingegen erbittert gestritten.

Wien – Eine außergerichtliche Einigung im andauernden Streit zwischen ÖBB und Regiojet rückt in weite Ferne. Die Auseinandersetzung über Fahrkartenschalter auf dem Hauptbahnhof Wien nimmt inzwischen kabaretthafte Züge an: Nach monatelangen Verhandlungen knüpft Bahnhofsbetreiber ÖBB-Infrastruktur die Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten an den tschechischen Bahnbetreiber nun an neue Bedingungen: In dem Verkaufslokal dürfe Regiojet ausschließlich Zugtickets für die Strecke Wien-Prag- Wien verkaufen, nicht aber Fahrkarten für Autobuslinien, etwa von Prag nach Berlin oder von Wien nach Budapest, oder andere Dienstleistungen.

Das lehnen die Tschechen ab. Regiojet wurde mit Fernbuslinien (unter der Marke "Student Agency") groß, ehe man im Dezember 2017 mit gelb-roten Zügen ins Bahngeschäft eingestiegen ist, und hat vitales Interesse, beide Verkehrsmittel auszulasten. Die meisten Tickets und Sitzplatzreservierungen werden von den Kunden über Internet gebucht. Den Verkauf dieses Produktportfolios auf dem Bahnhof in Wien wolle die ÖBB nun einschränken, argwöhnt Regiojet-Sprecher Ales Ondruj, obwohl die österreichische Staatsbahn in ihrem ÖBB-Reisezentrum sehr wohl Zusatzdienstleistungen wie Bustickets verkaufe.

Regulator eingeschaltet

Das stimme so nicht, kontert die ÖBB und beruft sich auf Eisenbahnrecht. Regiojet habe lediglich Zugang zu Flächen für den Fahrscheinverkauf als Eisenbahnunternehmen gemäß Eisenbahngesetz gestellt. Der Verkauf von Busfahrscheinen falle aber nicht unter diese Bestimmungen.

Inzwischen ist der Bahnregulator eingeschaltet, bestätigt die zuständige Schienen-Control. Sie versuchte bisher zu vermitteln, nun muss die Schienen-Control-Kommission, also die Behörde, den Streit schlichten. Wie lang das dauern wird, ist nicht abzuschätzen.

Die Chancen für die ÖBB, diesen Rechtsstreit zu gewinnen, scheinen freilich überschaubar, denn ÖBB-Konkurrent Westbahn hat auf dem Hauptbahnhof bereits ein Ticketverkaufslokal angemietet – ohne jede Einschränkung hinsichtlich verkaufter Produkte. Regiojet wird man unter diesem Titel das Gleiche wohl kaum verwehren können.

Das Verhalten der ÖBB sorgt in der Branche für Kopfschütteln. Denn die Regiojet-Züge wurden von der Staatsbahn anstandslos in die elektronische ÖBB-Fahrplanauskunft Scotty aufgenommen. Das war seinerzeit beim Start der Westbahn nicht selbstverständlich. 2011 entschieden Schienen-Control-Kommission und Kartellgericht in einem Eilverfahren zugunsten der Westbahn, und die ÖBB musste ihr gedrucktes Kursbuch wenige Tage vor Inkrafttreten des Winterfahrplans einstampfen. 2012 bestätigte das Kartellobergericht den Spruch – auch weil Züge von Raaberbahn und Wiener Lokalbahn bereits seit jeher im ÖBB-Kursbuch aufgelistet waren.

Diskriminierungsverbot

Was den diskriminierungsfreien Zugang zu Bahnhofsinfrastruktur betrifft, den Exmonopolisten ihren Konkurrenten gewähren müssen, ist die EU-Richtlinie recht eindeutig: Das Mindestzugangspaket umfasst Bahnhofsfazilitäten, Verkaufs- und Serviceeinrichtungen sowie Promotion für Fahrpläne ebenso wie Werkstätten und Waschanlagen für Züge. Sie sind zur Verfügung zu stellen, gegen angemessenes Entgelt. Angemessen heißt in dem Fall: Die Miete darf keine wie im Handel üblich mit Umsatzbeteiligung sein.

Im Hintergrund tragen die Kontrahenten übrigens einen zweiten Konflikt aus: Die Tschechen wollen einen exklusiven Warteraum für Regiojet-Passagiere einrichten, allerdings nicht nur für die erste Klasse wie die ÖBB-Lounges. Das ins Auge gefasste Lokal stelle die ÖBB-Infra aber nicht zur Verfügung, kritisiert Regiojet. Weil sich die Geschäftsfläche neben ÖBB-Reisezentrum und Westbahn-Ticketschalter befinde und für allfällige weitere Bahnanbieter reserviert sei, betont man in der ÖBB. (Luise Ungerboeck, 30.8.2018)