Die Chronologie des Versagens.

Grafik: APA

Für Andreas Ulmer (FC Red Bull Salzburg/li) ist es Gewohnheit, er tröstet Frischling Amadou Haidara.

foto: apa/daniel krug

Ausgelassener Jubel bei Roter Stern Belgrad.

FOTO: APA/DANIEL KRUG

Wals-Siezenheim – Während die Fans von Roter Stern Belgrad den Platz stürmten, um ihre Helden zu feiern, schlichen die Spieler von Red Bull Salzburg konsterniert vom Rasen der eigenen Arena. Einmal mehr mussten die Salzburger am Mittwoch als höher eingeschätztes Team einem Gegner dabei zusehen, wie dieser den Einzug in die Champions League bejubelte.

"Fluch ist es keiner"

Einige Spieler und auch Klubmitarbeiter hatten Tränen in den Augen, als es darum ging, das Erlebte in Worte zu fassen. "Fluch ist es keiner", meinte Kapitän Andreas Ulmer nach dem elften vergeblichen Anlauf der Red-Bull-Ära auf die Königsklasse, seinem neunten. "Aber wenn man in die Gesichter der Leute schaut, sieht man, dass man sie enttäuscht hat. Das ist richtig bitter."

Im Frühjahr, beim Erfolgslauf ins Halbfinale der Europa League, habe man noch Spaß in der Kabine gehabt. "Jetzt ist da kein Spaß", sagte Ulmer. "Es ist eine große Enttäuschung, eine Leere. So oft hat man nicht die Chance, dass man in die Champions League kommt." Und so nah waren selbst die Salzburger noch selten. Sie verspielten innerhalb von 77 Sekunden eine 2:0-Führung und damit einen schon sicher geglaubten Erfolg. "Wir hätten das Spiel trotz der zwei Gegentore gewinnen können", meinte Ulmer. "Wenn wir das Spiel analysieren, wird sich herausstellen, dass es Kleinigkeiten waren."

Wieder "Kinderfußball"

Stürmer Munas Dabbur fand deutlichere Worte. "Wir haben Fehler wie Kinder gemacht und wurden dafür bestraft", sagte der Israeli, der beide Salzburger Tore erzielte, auf Sky. Die Aussage erinnerte ein wenig an Jonatan Soriano, seinen Vorgänger als Salzburg-Goalgetter, der sich in einem verkorksten Sommer 2015 samt CL-Aus in Malmö mit einem Instagram-Bild über "Kinderfußball" beschwert hatte.

Tatsächlich standen auch gegen Roter Stern vier Spieler in der Startformation, die mit Salzburgs U19 vor zwei Jahren noch die Uefa Youth League gewonnen hatten. In den entscheidenden 77 Sekunden fehlte die Ruhe, vielleicht auch die Erfahrung. "Vielleicht haben wir in der einen oder anderen Situation die falsche Entscheidung getroffen, die in der Meisterschaft nicht zu einem Tor führt, aber auf diesem Niveau bestraft wird", meinte der eingewechselte Reinhold Yabo.

"Wir werden nicht ewig Trübsal blasen"

Am Tag danach weinte auch der Himmel über Salzburg. "Ich habe schon das Gefühl, dass sich irgendetwas gegen uns verschworen hat", sagte Yabo. Man werde aber wieder aufstehen. "Wir werden nicht ewig Trübsal blasen. Es braucht seine Zeit. Wir haben aber einen guten Trainer, der die richtigen Worte finden wird. Es warten die nächsten Aufgaben. Wir sind international dabei, da wollen wir wieder so weit wie möglich kommen."

Die Gruppenphase der Europa League wird am Freitag (13 Uhr) in Monaco ausgelost. Dazu müssen sich die Salzburger für ihr Heimspiel am Sonntag (17 Uhr) gegen die Admira motivieren. "Wir werden versuchen, stärker zurückzukommen", sagte Dabbur. "Wir werden alles tun, um die Liga zu gewinnen und so nächstes Jahr in die Champions League zu kommen. Das Spiel am Sonntag ist wichtig. Wir hoffen, dass wir bereit sind."

Salzburg wurde "überlistet"

Roter Stern darf sich auf ungleich größere Namen freuen – auf Europas größte. 1991 hatte der Klub den Vorgängerbewerb Meistercup für sich entschieden, nun steht Serbiens Rekordmeister erstmals seit deren Einführung in der Champions League. "Das Herz des Riesen des Weltfußballs hat gesiegt", schrieb die serbische Sportzeitung "Sportski zurnal" am Donnerstag. "Roter Stern hat Salzburg nicht überspielt, sondern überlistet", ergänzte die Tageszeitung "Danas". "Gerade im Fußball führen viele Wege nach Rom zum Erfolg", meinte Salzburg-Trainer Marco Rose. "Roter Stern hat sich seiner Stärken besonnen."

Die Anhänger – knapp 10.000 im Stadion waren dem Lager des serbischen Meisters zuzurechnen – dankten es ihren Helden nach Spielende mit Jubeltrauben auf dem Platz. Die Sicherheitskräfte waren nur Zuschauer. "Die Unterstützung war überragend", meinte Roter-Stern-Coach Vladan Milojevic. "Diese Fans kann man nicht kaufen." (APA, 30.8.2018)