Ein Star unter lauter Sternen: Diva Hedy Lamarr als "Ziegfeld Girl", aufgenommen 1941.

Foto: Polyfilm / Everett Collevction

Seit gut 20 Jahren wird der vergessene Hollywoodstar Hedy Lamarr in allen Disziplinen der Kunst mit verlässlicher Regelmäßigkeit wiederentdeckt. Dass Lamarrs Leben noch immer nicht auserzählt ist, liegt dabei nicht nur an der spektakulären Verbindung von Hollywoodglamour, technischer Erfindungsleistung und Skandalbiografie (erster simulierter Orgasmus auf der Leinwand, sechs Ehemänner, ein später Auftritt vor Gericht wegen Ladendiebstahls), sondern auch an der Fülle von "alternativen Fakten".

Die Geschichte, wie die als Hedwig Eva Maria Kiesler in Wien geborene Jüdin vor Ausbruch des Krieges in der Verkleidung ihres Dienstmädchens vor ihrem Mann, einem mit Nazis paktierenden Munitionsfabrikanten, aus Österreich floh, gehört womöglich in den Bereich der Mythen. In Alexandra Deans Dokumentarfilm Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr wird sie erneut kolportiert, "in her own words".

Trailer zu "Geniale Göttin – Die Geschichte von Hedy Lamarr".
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Erzählfaden ist ein vor zwei Jahren wiederentdecktes Telefoninterview, das der Journalist Fleming Meeks 1990 mit Lamarr führte. Darum gruppieren sich Filmausschnitte und – meist recht zerhackte – Interviews mit Filmschaffenden wie unter anderem Peter Bogdanovich und Mel Brooks, Filmhistorikerinnen und Familienangehörigen. Lamarrs Rolle als "Superheldin" der Google-Nerd-Community soll Aktualität bezeugen.

Bekannt wurde Hedwig Kiesler durch den Film Ekstase (1933), dessen Nacktszenen die damalige Zensur auf den Plan riefen. Als sie von Louis B. Mayer, der aus Nazi-Deutschland geflohene Schauspielern anwarb, unter Vertrag genommen wurde, begann für "Hedy Lamarr" eine wechselvolle Karriere in Hollywood.

Während ihr Leben bei Dean vor allem Gegenstand von schlichten Erklärungsversuchen ist, widmet sich "geniale Göttin" gründlich ihrer Erfindung im Bereich drahtloser Datenübertragung. Im Kampf gegen die Nazis hatte Lamarr 1942 gemeinsam mit US-Komponist George Antheil eine codierte Funkfernsteuerung für Torpedos entwickelt. Das "frequency hopping" wurde patentiert, kam aber zu Kriegszeiten nicht zum Einsatz. Geld für ihre Erfindung sah sie nie. Die "Kombination aus kindlicher Unwissenheit und genialen Geistesblitzen" (Antheil) klingt in dem Interview stets durch. Etwa wenn sie sich mit Ernsthaftigkeit und viel träger Gelassenheit über die Herausforderungen der Flugzeugtechnik auslässt. (Esther Buss, 31.8.2018)