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Wie soll man sich im Dickicht des Lebens zurechtfinden? Junge Meerkatzen stehen vor jeder Menge Entscheidungen.
Foto: AP Photo/Denis Farrell

Lausanne – Grüne Meerkatzen (Chlorocebus) sind etwa einen halben Meter lange Affen, die in weiten Teilen Subsahara-Afrikas leben. Es sind sehr soziale Tiere – ihre streng hierarchischen Gruppen bestehen überwiegend aus Weibchen und deren Nachwuchs, dazu kommt eine kleinere Zahl von erwachsenen Männchen.

Die Lebenswege der Geschlechter unterscheiden sich nach der Kindheit deutlich: Weibchen bleiben in der Gruppe, Männchen hingegen müssen diese verlassen und sich einer Gruppe in einem anderen Revier anschließen oder sich alleine durchschlagen. Dieser Unterschied wirkt sich offenbar auch auf das Lernverhalten der Tiere aus, berichten nun Forscher in "Current Biology". Weibchen setzen tendenziell auf den Spatz in der Hand, Männchen auf die Taube auf dem Dach (im übertragenen Sinne: Meerkatzen ernähren sich überwiegend vegetarisch).

Projekt zur Verhaltensforschung

Erica van de Waal und Axelle Bono vom Lehrstuhl für Ökologie und Evolution der Uni Lausanne führten die Untersuchung zusammen mit Kollegen der Universitäten Zürich und St. Andrews (Großbritannien) in Südafrika durch. Van de Waal hatte 2010 das Projekt "Inkawu Vervet" gegründet, um die sozialen und kognitiven Fähigkeiten der Meerkatzen in ihrem natürlichen Lebensraum zu untersuchen.

Konkret wollten die Forscher herausfinden, an welchen Gruppenmitgliedern sich eine junge Meerkatze beim Erlernen einer neuen Ernährungstechnik orientiert. Dies hängt laut den Forschern von mehreren Dingen ab: dem Geschlecht des Lehrlings, dem Geschlecht des Lehrers und dem Erfolg des Lehrers beim Vorzeigen der Ernährungstechnik.

Das Experiment

Die Forscher verwendeten eine "künstliche Frucht" in Form einer Schachtel. Diese konnte entweder an ihrem weißen Ende oder an ihrem schwarzen Ende geöffnet werden, um an ein Apfelstück zu gelangen. Wenn das dominante Weibchen einer Gruppe sich der Schachtel näherte, sorgten die Forscher mittels einer Fernbedienung dafür, dass es das Apfelstück nur von einer Seite bekommen konnte.

Die dominanten Männchen wurden auf die gleiche Weise trainiert – allerdings sollten sie das andere Ende der künstlichen Frucht verwenden. Und hier sorgten die Forscher für einen Twist: Die Männchen erhielten nämlich fünfmal mehr Nahrung als die Weibchen. "Unsere Frage war dann: Kopieren die anderen Mitglieder der Gruppe trotz dieser Abweichung weiterhin die Weibchen oder lassen sie sich eher vom größeren Nahrungserfolg der Männchen verführen?", so van de Waal.

Geschlechterspezifische Wahl des Lehrers

Wieder zeigten sich klare Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Die Weibchen blieben der Strategie ihrer Lehrerin treu, trotz deren geringer Ausbeute. "Wir gehen davon aus, dass es für Weibchen besonders wichtig ist, starke und enge soziale Bindungen zu den anderen Geschlechtsgenossinnen in der Gruppe zu entwickeln und zu pflegen, mit denen sie ihr ganzes Leben lang zusammen verbringen werden", vermutet van de Waal. "Sie sind weniger bereit, die Männchen zu kopieren, die eines Tages die Gruppe verlassen werden und daher weniger geneigt sind, langfristig ein lokal effizientes Fressverhalten zu entwickeln."

Die männlichen Lehrlinge hingegen zeigten eine deutliche Tendenz, das Verhalten des besonders erfolgreichen dominanten Männchen zu imitieren. Axelle Bono, Erstautorin der Studie und Doktorandin im van de Waals, dazu: "Um sich in eine neue Gruppe zu integrieren, muss man flexibel und anpassungsfähig sein. Dies treibt die Männchen dazu, die effizientesten Strategien zu übernehmen." (red, APA, 3. 9. 2018)