Wien – Der frühere Chef des Staatsschutzes, Gert-René Polli, kehrt als einfacher Referent im Migrationsbereich ins Innenministerium zurück. Das erklärte ein Sprecher Freitagmittag auf Anfrage der APA. Damit verbunden ist auch eine deutliche Gehaltsreduktion verglichen mit seinem ehemaligen Salär.

Dass Polli gerade jetzt zurückkehrt, erklärt sich damit, dass seine zehnjährige Karenzierung sonst abgelaufen wäre. Diese hat dem ehemaligen Spitzenbeamten freilich nur ein Rückkehrrecht ins Ministerium gesichert. Um wieder auf einen Posten in alter Höhe zu kommen, hätte er innerhalb von sechs Monaten wiederkehren müssen.

Polli war von 2002 bis 2008 Chef des Staatsschutzes. Später war er Leiter der Konzernsicherheit bei Siemens in München, im Anschluss selbstständig tätig. Schon bei den Regierungsverhandlungen war er als Berater des nunmehrigen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ) in Erscheinung getreten.

Teilnahme an AfD-Konferenz beanstandet

Die Liste Pilz schoss sich am Freitag bereits auf Polli ein. Verwiesen wurde in einer Aussendung darauf, dass dieser erst im Juni als einer der Hauptredner an einer Konferenz der weit rechts angesiedelten Alternative für Deutschland (AfD) teilgenommen habe.

Polli hatte mit Vorwürfen von "Günstlings"-Bestellungen und korrupten Strukturen Anfang des Jahres die BVT-Affäre ins Rollen gebracht. Und er war Berater von Innenminister Kickl in den Koalitionsverhandlungen, bestätigte Polli selbst dem "Kurier".

Polli war von Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) 2002 mit der Reorganisation der Staatspolizei beauftragt worden und dann bis 2008 Direktor des BVT. Damals wurden ihm undurchsichtige Kontakte zum Iran – die den USA und Israel missfielen – nachgesagt. Sie sollen auch der Grund dafür gewesen sein, dass er seinen Job als Leiter der Konzernsicherheit bei Siemens in München 2009 verlor. Später machte sich Polli als Unternehmensberater selbstständig – jetzt kehrt er nach zehn Jahren Karenz in den Staatsdienst zurück.

Laut "Insidern" sollte Polli, schreibt der "Kurier", auch wieder ins BVT zurückkehren. Das sei allerdings daran gescheitert, dass das Bundesverwaltungsgericht die – von Kickl im März verhängte – Suspendierung von BVT-Chef Peter Gridling aufgehoben hat. Dominik Fasching, der das BVT damals interimistisch leitete, wird jetzt "offiziell bestätigt" neuer Vizedirektor.

BVT-Mitarbeiter und EGS-Beamter erste Zeugen im U-Ausschuss

Im BVT-Untersuchungsausschuss stehen am kommenden Dienstag und Mittwoch die umstrittenen Hausdurchsuchungen beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung im Mittelpunkt. Befragt werden als erste Zeugen fünf BVT-Mitarbeiter und ein EGS-Beamter, also ein Polizist jener Einheit, die mit den Durchsuchungen betraut worden war.

Die Hausdurchsuchungen im BVT und an Privatadressen von Mitarbeitern, die nach Anordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft von der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) durchgeführt wurden, wurden vielfach als überschießend kritisiert und mittlerweile auch vom Oberlandesgericht Wien größtenteils für unzulässig erklärt.

Erste Auskunftsperson im Untersuchungsausschuss ist am Dienstagvormittag ein Mitarbeiter der Sicherheitszentrale des BVT. Mit ihm soll bei der Hausdurchsuchung Ende Februar rüde verfahren worden sein – was er nun im U-Ausschuss erzählen soll. Die zweite Auskunftsperson ist ebenfalls ein BVT-Mitarbeiter, der Betroffener der Hausdurchsuchung war – nicht nur in seinem Büro, sondern auch zu Hause, wobei auch seine beiden Töchter und seine Ehefrau hineingezogen worden sein sollen. Der Mitarbeiter soll die Vorgänge auch in einer E-Mail an Justizministeriums-Generalsekretär Christian Pilnacek geschildert haben.

Am Nachmittag soll dann ein Beamter jener Polizeieinheit Rede und Antwort stehen, die mit den Hausdurchsuchungen beauftragt worden war. Fragen wird ihn die Opposition wohl zu Einsatztaktik und Vorbereitung sowie der vermuteten unbeaufsichtigten Datensicherung. Dem Vernehmen nach gibt es Hinweise in den Akten, dass EGS-Beamte Papierakten durchgeschaut haben, die sie aufgrund ihrer Sicherheitsstufe gar nicht hätten anschauen dürfen.

Klassifizierte Unterlagen gefunden

Am Mittwoch geht es dann wieder mit einer Mitarbeiterin des BVT weiter, die als Leiterin der Rechtsabteilung laut Aktenvermerken die Staatsanwältin auf die problematische Vorgangsweise beim Umgang mit heiklen beschlagnahmten Informationen hingewiesen haben soll. So soll sie mehrmals auf drohende Konsequenzen wie Vertrauensverlust bei ausländischen Nachrichtendiensten hingewiesen haben.

Zu Mittag muss ein Mitarbeiter der EDV-Abteilung im BVT als Zeuge im Ausschuss erscheinen. Er wird zu seinem Aktenvermerk befragt werden, in dem er angeblich kritisiert, dass viel zu viele und teils unbeaufsichtigt Daten sichergestellt worden seien und die Datensicherheit nicht gegeben gewesen sei. Dritte Auskunftsperson am Mittwoch ist der BVT-Referatsleiter Nachrichtendienst – er ist Beschuldigter im BVT-Ermittlungsverfahren, könnte sich also teilweise der Aussage entschlagen. Sowohl in seinem Büro als auch an seiner Wohnadresse fanden Ende Februar Hausdurchsuchungen statt, vom Oberlandesgericht übrigens als rechtmäßig gewertet. Er soll im Untersuchungsausschuss den Ablauf der Hausdurchsuchung schildern. Auf seinem Arbeitstisch wurden dem Vernehmen nach klassifizierte Unterlagen gefunden, weshalb er Ende Mai entlassen wurde.

Geheime Anwalt-Mails landen im U-Ausschuss-Akt

Rund 500.000 Mails des Wiener Anwalts Gabriel Lansky sind im Parlament gelandet. Es geht um höchst sensible Daten und Dokumente bis ins Jahr 2013, deren Löschung der SPÖ-nahe Advokat seit Jahren erreichen wollte. Das berichteten die "Salzburger Nachrichten" und die Recherche-Plattform "Addendum" am Freitag.

Geliefert wurde dieser Daten an den parlamentarischen U-Ausschuss zur Affäre rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) von der Staatsanwaltschaft Linz, im Auftrag des Justizministeriums. Das bedeutet: Die Parlamentsklubs können zahlreiche Outlook-Daten Lanskys bis ins Jahr 2013 im geheimen Datenraum abrufen und ihre Schlüsse daraus ziehen.

Das ist deswegen interessant, weil Lansky in den vergangenen Jahren nicht nur traditionell sozialdemokratisch orientierte Konzerne wie die ÖBB, sondern auch einen schwerreichen russischen Ex-Parteichef, einen ehemaligen ukrainischen Premier und einen Opferverein aus Kasachstan vertrat. Die Verwicklung der Kanzlei in die Causa Alijew ist auch der Grund dafür, dass die Daten überhaupt in Umlauf gekommen sind. Zur Erinnerung: Der Ex-Botschafter und Ex-Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten, Rachat Alijew, für den Lansky lobbyierte, wurde 2015 tot in seiner Haftzelle aufgefunden. Lansky waren in der Causa geheimdienstliche Aktivitäten zum Nachteil Österreichs vorgeworfen worden. Das BVT ermittelte, doch die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein. Trotzdem soll ein Teil der Daten im BVT noch auffindbar gewesen sein.

Vorgeschmack aus Deutschland

Einen Vorgeschmack auf das, was in den Daten schlummern könnte, lieferte im Jahr 2015 der "Spiegel". Das Nachrichtenmagazin zitierte aus Mails der Kanzlei Lansky, laut denen ehemalige deutsche Spitzenpolitiker wie Gerhard Schröder oder Otto Schily für sechsstellige Beträge einen Beratungsbeitrag für Kasachstan leisten sollten. Als Lansky im Sommer 2017 in einem anonymen Schreiben darauf hingewiesen wurde, dass ein Teil der im österreichischen BVT kursierenden Mails dem ÖVP-Klub weitergegeben worden sein könnte, schaltete er sich in die Causa ein – letztlich kam es dann zu den umstrittenen Hausdurchsuchungen in der BVT-Affäre.

Der langjährige Vertraute von Ex-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ= hatte im Sommer noch versucht zu verhindern, dass die Parlamentarier Einblick in seine geschäftliche Korrespondenz bekommen. Mit Einschreiben vom 8. Juli hatte sich Lansky an die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) gewendet. In dem Schreiben bat der Wiener Topanwalt Bures als Vorsitzende des U-Ausschusses, die Daten an das Justizministerium zurückzugeben oder sie zumindest auf die Geheimhaltungsstufe "streng geheim" zu heben. Lansky vertritt die Ansicht, die Daten würden in keinerlei Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand stehen, und verweist auf die Wahrung seiner Grundrechte und seines Persönlichkeitsschutzes.

Wörtlich schreibt er: "Sollten diese Daten ungeachtet des fehlenden Zusammenhangs mit dem Untersuchungsgegenstand dem Untersuchungsausschuss zur Verfügung gestellt worden sein, ersuche ich Sie, die Daten rückzuübermitteln." In der Folge berief die U-Ausschuss-Vorsitzende Bures Mitte Juli eilig eine Sitzung der Fraktionsführer ein. Doch es blieb beim Versuch, die Verwendung der Kanzleiunterlagen einschränken zu lassen. Alle anderen Fraktionen sprachen sich dagegen aus. Auch für die SPÖ war das Thema damit vom Tisch.

Lansky will die Causa auf Anfrage nicht kommentieren. Er selbst wird dem Hohen Haus im Oktober als Auskunftsperson Rede und Antwort stehen müssen. Zumindest über seine Berührungspunkte mit dem BVT.

U-Ausschuss bestand auf Lieferung von Lansky-Emails

Dass eine halbe Millionen Mails des Wiener Anwalts Gabriel Lansky dem BVT-U-Ausschuss geliefert wurden, liege nicht in der Verantwortung der Justiz, die die Daten geliefert hat. Der U-Ausschuss habe diese Daten angefordert und auf deren Lieferung bestanden, die Justiz habe sie liefern müssen, stellte eine Ressortsprecherin am Freitag klar.

Die Justiz müsse in diesem Fall den gesamten Akt liefern und könne Daten nicht selektiv liefern oder zurückhalten, wurde betont. Das Justizministerium habe aber das Parlament darauf aufmerksam gemacht, dass der Akt zum Teil Daten beinhalte, die dem Anwaltsgeheimnis unterliegen und der Inhalt nicht unmittelbar mit der BVT-Causa zu tun hat. Das Parlament habe aber auf die Freigabe bestanden.

Man habe daraufhin den Akt bereitgestellt, allerdings Ausschussvorsitzende Doris Bures (SPÖ) in einem Begleitschreiben darauf hingewiesen, dass der Akt zum Teil Daten beinhalte, die dem Anwaltsgeheimnis unterliegen und sie daher sensibel zu behandeln seien. (APA, 31.8.2018)