Wien – 61 Prozent. Um diesen gewaltigen Prozentsatz sanken die Einnahmen der Wiener Festwochen in den vergangenen vier Jahren. Oder in absoluten Zahlen: 2014 betrugen die Erlöse mehr als 1,5 Millionen Euro, im heurigen Jahr waren es gerade einmal 583.000. Das förderte eine Anfrage der Neos zutage, die der Kurier veröffentlichte. Als "herabgewirtschaftet" bezeichnete daraufhin Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger die Festwochen.

Eine Formulierung, die Geschäftsführer Wolfgang Wais in Rage bringt: "Man kann doch Zahlen nicht isoliert betrachten. In den vergangenen Jahren gab es jeweils einen jährlichen Bilanzgewinn." Die Festwochen seien auch nach den zwei künstlerisch durchwachsenen Jahren unter Intendant Tomas Zierhofer-Kin finanziell gut aufgestellt. "2019 ist das Budget sogar besser als 2018." Der Subventionsvorgriff, den man im Vorjahr hatte vornehmen müssen, konnte eingespielt werden. Neo-Intendant Christoph Slagmuylder könne aus dem Vollen schöpfen, so Wais.

An den veröffentlichten Zahlen will aber auch der seit dem Jahr 2000 als kaufmännischer Geschäftsführer agierende Wais keine Korrekturen vornehmen. An ihrer Interpretation aber sehr wohl: Die durchschnittlichen Erlöse der Festwochen lägen seit Jahren bei plus/minus einer Million Euro, so Wais. Die Jahre 2006 oder 2014 könnten nicht als Vergleich herangezogen werden. "2006 war Mozartjahr, da sprudelten die Einnahmen. Und 2014 erwirtschafteten die Kraftwerk-Konzerte im Burgtheater allein 433.000 Euro." Dass es 2016, also im letzten Jahr der Intendanz von Markus Hinterhäuser, zu einem Rückgang der Einnahmen auf 890.000 Euro gekommen ist, sei einer missglückten Fidelio-Inszenierung anzulasten.

Weniger Geld, billigere Produktionen

Dazu kommt, dass man sowohl 2016 als auch 2017 von der öffentlichen Hand um jeweils 600.000 Euro weniger Subventionen bekommen habe. Je weniger Geld, desto weniger Produktionen, desto weniger Karteneinnahmen, rechnet Wais vor. Oder anders gesagt: "Wenn ich weniger Geld zur Verfügung habe, muss ich schauen, dass ich billigere Produktionen mache." Darauf habe er Intendant Zierhofer-Kin hingewiesen. "Ich verantworte nicht das Programm. Meine Hauptaufgabe ist, dass es am Ende kein Minus gibt." Die Zusammenarbeit sei "nicht einfach" gewesen, so Wais.

2018 fuhr Zierhofer-Kin das Programm herunter, teure Eigen- und Opernproduktionen fehlten ganz. Die Einnahmen konnte er damit aber nicht stabilisieren. Das dürfte an der Installation micro/ macro in der Halle E des Museumsquartiers gelegen sein. "Wenn ein Intendant beschließt, in der Halle E statt sechs Gastspielen oder Eigenproduktionen fünf Wochen lang eine Ausstellung zu zeigen, dann reduziert das die Einnahmen um 300.000 bis 400.000 Euro", so Wais. Und jetzt? Das künstlerische Budget von Neo-Intendant Slagmuylder beträgt zwischen 4,5 und fünf Millionen Euro, die genaue Zahl kennt Wais noch nicht. Einem Neustart der Festwochen stehe nichts im Wege: "Es hat eine Evaluierung der Intendanz Zierhofer-Kin stattgefunden. Und es gab entsprechende personelle Veränderungen." (Stephan Hilpold, 31.8.2018)