Anti-Regierungsproteste in Maarrat al-Numan

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Die Rebellenprovinz Idlib liegt im Nordwesten Syriens an der Grenze zur Türkei.

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Idlib/Wien – Die Europäische Union warnt vor einer Eskalation der Lage in der Region Idlib im Nordwesten Syriens. "Wir müssen vermeiden, dass es zu militärischen Aktionen in Idlib kommt, die eine humanitäre Katastrophe auslösen würden", sagte die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini am Freitag beim informellen Rat der Außenminister in Wien.

Europäisches Geld für den Wiederaufbau des Landes soll erst fließen, "wenn ein politischer Prozess wirklich deutlich auf den Weg gebracht sein wird", betonte Mogherini.

Die syrische Armee bereitet nach Angaben aus regierungsnahen Kreisen eine Offensive gegen Idlib vor. Die Angriffe würden sich zunächst auf südliche und westliche Teile des letzten großen von Rebellen kontrollierten Gebietes konzentrieren, sagte ein Vertreter einer regionalen Allianz, die aufseiten der Truppen von Syriens Präsident Bashar al-Assad kämpft.

Russland verschärft Drohungen

Russland, wichtigster Verbündeter des syrischen Staatsoberhaupts, hat die Drohungen gegen die verbliebenen Gegner verschärft. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sagte am Freitag, die syrische Regierung habe das Recht, "Terroristen" aus der von den Rebellen kontrollierten Region Idlib zu vertreiben. Zuvor hatte er die letzte verbliebene Rebellenenklave als "eiterndes Geschwür" bezeichnet, das "liquidiert" werden müsse.

Bei dem Treffen der Außenminister in Wien war auch die Rolle des Iran in Syrien ein Thema. "Vor diesem Hintergrund haben wir aber auch über das Verhalten des Iran in der Region gesprochen, was uns allen große Sorge bereitet", sagte Mogherini. Damit müsse man sich auseinandersetzen und gleichzeitig versuchen, das Atomabkommen zu sichern. Die Atomenergiebehörde hatte am Vortag berichtet, dass vom Iran alle Verpflichtungen im Bereich Atomwaffen nach wie vor eingehalten würden. "Wir wollen dafür sorgen, dass die iranischen Bürger weltweit auch den Nutzen aus Wirtschaftsbeziehungen ziehen können, nicht nur mit der EU, auch mit anderen weltweit", sagte die EU-Außenbeauftragte.

Der russische Präsident Wladimir Putin werde am 7. September an einem Dreier-Gipfel mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und dem iranischen Präsidenten Hassan Rouhani in Teheran teilnehmen, sagte ein Sprecher des russischen Präsidialamtes. Bereits im April hatten die drei Präsidenten über Syrien beraten.

Internationale Sorge

"Die Bundesregierung ist sehr besorgt über die Zuspitzung der Lage im Nordwesten Syriens", sagte die deutsche Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Die deutsche Bundesregierung habe daher Russland aufgefordert, mäßigend auf Syrien einzuwirken. "Wir erwarten, zunächst von Russland, das syrische Regime von einer Eskalation abzuhalten und so eine humanitäre Katastrophe zu verhindern."

Syriens Opposition warf UN-Sondervermittler Staffan de Mistura vor, einer geplanten Offensive der Regierung im Nordwesten des Landes den Boden bereitet zu haben. Oppositionssprecher Yahya al-Aridi sagte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag, De Misturas Äußerungen am Vortag in Genf gäben Syriens Regime und seinen Verbündeten einen Vorwand für eine Operation in der Provinz Idlib: "Das war, als hätte er einen Angriff auf Idlib angekündigt."

Humanitäre Korridore gefordert

Der Diplomat hatte erklärt, in Idlib hielten sich rund 10.000 Mitglieder des syrischen Ablegers des Terrornetzwerks Al-Kaida auf. Die Terroristen müssten zwar besiegt werden, aber nicht auf Kosten der 2,9 Millionen Zivilisten in der Region, mahnte de Mistura. Er verlangte humanitäre Korridore unter UN-Aufsicht, damit die Menschen vorübergehend in sicherere Gegenden gebracht werden könnten. Größte Gefahr sei der Einsatz chemischer Kampfstoffe, die sowohl die Regierung als auch der Al-Kaida-Ableger besäßen, sagte de Mistura.

Die Vereinten Nationen befürchten, dass eine Offensive eine neue Fluchtwelle auslösen könnte. Etwa 2,5 Millionen Menschen könnten sich dann in Richtung Türkei bewegen. (APA/Reuters, 31.8.2018)