Foto: Klimt-Foundation, Wien

Diese Fotografie der Tänzerin Elsa Wiesenthal entstand 1907.

Foto: Leopold Museum, Wien/Manfred Thumberger

Gustav Klimt mit Katze auf dem Arm – diese Fotografie kennt jeder. Weniger bekannt ist derjenige, der im Mai 1911 hinter der Kamera stand, als Klimt im Garten seines Ateliers mit dem Viecherl spielte. Dabei war Moriz Nähr ein durchaus umtriebiger und origineller Fotograf im Wien des Fin de Siècle. Dies zeigt nun eine kleine Retrospektive, mit der das Leopold-Museum einen weiteren Beitrag zum Jubiläumsjahr 2018 leistet.

Mit Klimt verband den 1859 geborenen Nähr eine jahrelange Freundschaft mit täglichem gemeinsamem Frühstück. Es mag am Wissen um diese innige Beziehung liegen, wenn die Fotografien von Klimt in der Ausstellung für besonders eindrückliche Momente sorgen. Neben Darstellungen Klimts im Garten berührt insbesondere eine Fotografie seines letzten Ateliers in der Feldmühlgasse. Entstanden 1917/18, zeigt sie nicht den Künstler, aber zwei unvollendete Gemälde.

Sein enger Freund Moriz Nähr war einer der wenigen, die Gustav Klimt in seinem Atelier fotografieren ließ.
Foto: ÖNB/Wien

Fortschrittliche Spielereien

Fotografien Klimts machen jedoch nur einen kleinen Teil der Schau aus. Nähr war nicht nur mit den Secessionisten "vernetzt", sondern auch mit dem Kaiserhaus und der Familie Wittgenstein. Er fertigte klassisch gewordene Porträts des Philosophen Ludwig Wittgenstein an, betrieb in dessen Umfeld aber auch fortschrittliche Spielereien.

Auf einer Fotografie überlagerte Nähr die Gesichter der Schwestern Wittgenstein miteinander – als Studie über Familienähnlichkeiten. Tatsächlich war es dem ausgebildeten Fotografen nicht zuletzt dank Förderern möglich, mit seinem Medium auch zu experimentieren.

Mit dem Kaiserhaus war Nähr eng vernetzt. Diese Fotografie zeigt Franz Ferdinand und Familie auf der Jagd.
Foto: ÖNB/Wien

Blick für Veränderung

Vor dem Hintergrund der fotografischen Konventionen der Zeit heißt das: Nähr machte sich etwa darüber Gedanken, welche neuen Facetten ein Bild durch die Wahl eines bestimmten Ausschnitts erhält. Auf besonderen Anklang stieß Nährs Sinn für die künstlerische Inszenierung bei den Secessionisten, die ihm die Anfertigung effektvoller Ausstellungsansichten übertrugen.

Im Vergleich zur exaltierten Societyfotografie der Madame d’Ora, die zeitgleich im Leopold-Museum gewürdigt wird, verströmen Nährs Bilder Zurückhaltung. Insbesondere gilt das für jene Landschafts- bzw. Stadtaufnahmen, mit denen er 1890 begonnen hatte. Auf seinen Stadtspaziergängen dokumentierte Nähr die architektonischen Veränderungen. Was den Fotografen anzog, war das Unscheinbare. Berühmte Gebäude ließ Nähr aus. (Roman Gerold, 4.9.2018)

Die Secessionisten verstanden noch die Fotografien ihrer Ausstellung als Teil des Gesamtkunstwerks. Moriz Nähr war mit seinem Gespür für Inszenierung der richtige Mann.
Foto: ÖNB/Wien