Tampa – Die fortschreitende Erderwärmung wird laut einer Studie im kommenden Jahrhundert die Ökosysteme in Europa und anderen Erdteilen massiv verändern. Die enormen Veränderungen in den kommenden 100 bis 150 Jahren brächten in vielen Regionen die heimischen Tiere und Pflanzen in Gefahr, heißt es in der Studie im Fachblatt "Science".

"Wenn wir es zulassen, dass der Klimawandel ungehindert fortschreitet, wird die Vegetation dieses Planeten völlig anders aussehen als heute, und das bedeutet ein enormes Risiko für die Artenvielfalt", erklärte Ko-Autor Jonathan Overpeck von der School for Environment and Sustainability an der University of Michigan.

Beschleunigter Wandel

In den nächsten ein bis zwei Jahrhunderten seien Umweltveränderungen wie früher innerhalb von 10.000 bis 20.000 Jahren zu erwarten, führte der Leiter des Zentrums für Klimaanpassung im Südwesten der USA des Geologie-Instituts USGS, Stephen Jackson, aus. Die Ökosysteme müssten dann "kämpfen, um das einzuholen".

Für die internationale Studie wurden Fossilien und Temperaturdaten aus einem Zeitabschnitt nach dem Letzteiszeitliches Maximum vor 21.000 Jahren ausgewertet. Damals endete die bisher letzte Eiszeit, die durchschnittlichen Temperaturen auf der Erde stiegen um vier bis sieben Grad Celsius. Die Analysen von Pollen und Pflanzen-Fossilien von 594 Orten auf der ganzen Welt flossen in die Untersuchung darüber ein, wie sich die Ökosysteme veränderten. Abgesehen von der Antarktis wurden dabei alle Erdteile berücksichtigt wurden.

Amerika und Europa besonders betroffen

Ihre Analyse ergab, dass die Erwärmung zwischen dem dem Letzteiszeitlichen Maximum und dem frühen Holozän vor etwa 10.000 Jahren vier bis sieben Grad Celsius betrug und ausreichte, um Veränderungen in Ökosystemen weltweit zu verursachen. Die stärksten Veränderungen stellten die Forscher in Europa, Nordamerika und im südlichen Südamerika fest. Diese Gebiete waren früher weitgehend mit Gletschern bedeckt und erwärmten sich im Zuge des Klimawandels besonders stark. Die Autoren gehen davon aus, dass diese Entwicklung grob vergleichbar mit der im nächsten Jahrhundert zu erwartenden Erwärmung ist, sofern der Emissionsausstoß nicht signifikant reduziert wird.

Die Studienautoren geben das Risiko, dass die Vegetation auf der Erde sich grundlegend verändert, mit über 60 Prozent an, wenn der Treibhausgasausstoß kaum verringert wird. Wenn die internationale Gemeinschaft hingegen das Pariser Klimaabkommen umsetze, das eine Beschränkung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius im Vergleich zum industriellen Zeitalter vorsieht, liege das Risiko bei unter 45 Prozent.

Die Vegetation spielt unter anderem bei der Trinkwasserversorgung eine wichtige Rolle, mahnen die Forscher in "Science". Weil Wälder klimaschädliches Kohlendioxid speichern, würde ihre Zerstörung durch den Klimawandel wiederum die Erderwärmung weiter verstärken. (red, APA, 2.9.2018)