Finken-Foto mit aufsteigendem Alter. Von links: Ein junger, ein schon länger ausgewachsener und ein alter Zebrafink.

Foto: Paul Jerem

Telomere gelten als wichtige Biomarker für den Alterungsprozess eines Lebewesens. Diese Endstücke der Chromosomen in Zellen bewahren wie Schonkappen die DNA-Stränge während der Zellteilung vor Schäden. Im Lauf der Lebenszeit verschleißen die Telomere aber zusehends, sie werden kürzer und die Schutzwirkung nimmt ab – mit gefährlichen Folgen. Auch wenn noch viele Fragen offen sind: Die Länge der Telomere steht offenbar im Zusammenhang mit der voraussichtlichen Lebensdauer der Zellen.

Nun haben Wissenschafter eine kuriose Entdeckung gemacht: Vögel, die starkem Verkehrslärm ausgesetzt sind, weisen signifikant kürzere Telomere auf als gleichaltrige Artgenossen in ruhigeren Gefilden. Wie die Forscher in den "Frontiers in Zoology" berichten, dürfte der Lärm die Lebenserwartung der Tiere senken.

Belastung nach dem Abflug

Für ihre Studie untersuchten die Wissenschafter vom Max Planck Institut für Ornithologie in Seewiesen und von der North Dakota State University in Fargo junge Zebrafinken. Es stellte sich heraus: Waren Zebrafinken nach dem Verlassen des Nests Verkehrslärm ausgesetzt, wiesen sie nach 120 Tagen kürzere Telomere auf als ihre Artgenossen, die keinen Umgebungslärm abbekamen. Allerdings hatten auch Finken, die bis zum 18. Tag nach dem Ausschlüpfen (bevor sie flügge wurden) mit Straßenlärm konfrontiert waren und deren Eltern die Geräuschkulisse gewöhnt waren, keine kürzeren Telomere.

Die Forscher schließen daraus, dass Lärmbelastung für die Vögel im Zeitraum zwischen 18 und 120 Tagen besonders kritisch ist. Zur dieser Zeit erlernen die Zebrafinken auch ihren Gesang, was womöglich zur Lärmsensibilisierung beitragen könnte. Solange die Tiere aber noch mit ihren Eltern im Nest leben, dürfte der Effekt weniger dramatisch sein.

Stadt-Land-Diskrepanz

"Zellalterung ist zwar keine sehr sichtbare Folge von urbanen Stressfaktoren. Unsere Studie zeigt aber, dass Vögel in lärmgeplagten Städten tatsächlich schneller altern, auch wenn sie sich ansonsten an das urbane Leben angepasst haben", sagte Sue Anne Zollinger, Ko-Autorin der Studie. Die Ergebnisse könnten auch dazu beitragen, die unterschiedlichen Lebenserwartungen von Vögeln in der Stadt und am Land besser zu verstehen. (dare, 3.9.2018)