Berlin/Ankara – Vor anstehenden Gesprächen mit der Türkei hat Reporter ohne Grenzen (ROG) die deutsche Bundesregierung aufgerufen, sich für die Freilassung türkischer Journalisten einzusetzen. Fälle sollten öffentlich und namentlich angesprochen werden, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr am Montag in Berlin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der in der Türkei angeklagten deutschen Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu.

Tolu war am 26. August nach Deutschland zurückgekehrt. Zuvor hatte ein Gericht in der Türkei ihre Ausreisesperre aufgehoben. Der Prozess gegen die Journalistin mit kurdischen Wurzeln, die mehr als sieben Monate in Untersuchungshaft saß, geht dort aber weiter. Ihr wird unter anderem Terrorpropaganda und Unterstützung der verbotenen linksextremen Gruppe MLKP vorgeworfen.

Der deutsche Außenminister Heiko Maas (SPD) reist am 5. und 6. September in die Türkei, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wird am 29. und 30. September zum Staatsbesuch in Berlin erwartet und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) wird am 25. und 26. Oktober mit einer Wirtschaftsdelegation in der Türkei erwartet.

Tolu forderte mit Blick auf die Türkei: "Auch ein wirtschaftlicher Partner muss ein guter Partner sein." Die Gesamtsituation habe sich aber keineswegs verbessert. Ihre Freilassung sei "ausschließlich ein außenpolitisches Signal", sagte Mihr. "Die Türkei hat Interesse an besseren Beziehungen", sagte er.

Die Türkei gehört zu den Ländern mit den meisten inhaftierten Journalisten weltweit. Nach dem Putschversuch im Juli 2016 wurden nach Angaben von ROG weit über 100 Journalisten verhaftet und rund 150 Medien geschlossen. Inhaftiert seien aktuell mindestens 28 Journalisten, so Mihr, "mutmaßlich sehr viel mehr". (APA, 3.9.2018)