Bagdad – Beinahe vier Monate nach den Wahlen im Irak fand am Montag die konstituierende Sitzung des Parlaments statt: Die ihnen zugedachte Aufgabe, einen Parlamentspräsidenten und dessen Stellvertreter zu wählen, konnten die Volksvertreter jedoch nicht erfüllen. Formal wurde die Sitzung am Montag jedoch nicht ab-, sondern nur unterbrochen.

Der Streit, der alles blockiert, dürfte jedoch nicht so schnell zu lösen sein, sondern vor den Verfassungsrichtern landen: Am Sonntag hatten sich der amtierende Premier Haidar al-Abadi, bei den Wahlen im Mai nur Dritter, und der Wahlsieger, die Liste des schiitischen Mullahs Muqtada al-Sadr, gemeinsam mit anderen kleineren Gruppen zu einem Block zusammengeschlossen, der der größte des Parlaments sein sollte – und damit das Recht hätte, den Premier zu stellen. Gleichzeitig schloss sich jedoch die zweitplatzierte Milizenallianz von Hadi al-Amiri mit Expremier Nuri al-Maliki und anderen zusammen: Sie behaupten ihrerseits, der größte Block zu sein.

Topjobs

Der Streit erklärt sich daraus, dass Abadi/Sadr nur die Unterschriften von anderen Listenführern für die geplante Koalition haben, Amiri/Maliki jedoch von individuellen Abgeordneten. Einige waren von der Nasr-Liste Abadis abgesprungen und hatten sich seinen Konkurrenten zugewandt.

Auch ohne diesen Streit wäre der kommende Prozess, die Topjobs zu vergeben, schwierig genug. Die sunnitischen Gruppierungen sind sich untereinander nicht einig, welcher Sunnit Parlamentspräsident werden sollte, wie es Usus ist. Danach muss der Staatspräsident gewählt werden, der wiederum den Premier designiert. Um den Posten des Staatspräsidenten gab es zuletzt Unstimmigkeiten zwischen den beiden traditionellen kurdischen Parteien KDP und PUK, welche den Posten seit 2005 innehat. Und die Schiiten streiten untereinander um den Sessel des Premiers. Die konfessionelle/ethnische Aufteilung steht nicht in der Verfassung, manche Sunniten wollen den Job des Staatspräsidenten für sich. (guha, 3.9.2018)