Nicht amüsiert: Rumäniens Präsident Johannis.

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Bukarest – In Rumänien machen die regierenden Postsozialisten (PSD) zunehmend mit Nazi-Vergleichen Stimmung gegen das deutschstämmige Staatsoberhaupt Klaus Johannis und die Bürgerbewegung #Rezist ("Ich halte durch"): So verglich Darius Vâlcov, Berater von Ministerpräsidentin Vasilica Viorica Dăncilă, Johannis am Montag mit Adolf Hitler und die seit eineinhalb Jahren für die Antiregierungsdemonstrationen zuständige #Rezist-Bewegung mit Nazis.

Der als rechte Hand von PSD-Chef Liviu Dragnea geltende Vâlcov schockierte bei Facebook mit einem inzwischen gelöschten Videoclip, der zum einen Johannis mit Hitler-Schnurrbart und -Haarschnitt zeigt und zum anderen das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR), die politische Vertretung der deutschen Minderheit im Land, sowie die #Rezist-Bewegung als Nazis beschimpft.

Vorstrafe

Wie sein Parteichef ist auch Vâlcov vorbestraft – der 41-Jährige wurde im Februar erstinstanzlich wegen Geldwäsche, Bestechlichkeit, Einflussnahme und weiteren Korruptionsdelikten zu acht Jahren Haft verurteilt, zurzeit läuft sein Berufungsverfahren. 2015 hatte er als Finanzminister der Regierung Ponta international für Wirbel gesorgt, nachdem die ermittelnde Antikorruptionsbehörde DNA bei Durchsuchungen seiner Immobilien mehr als 100 Gemälde – darunter Werke von Renoir, Picasso und Andy Warhol – hinter Gipskarton-Wänden entdeckt hatte.

Die jüdische Gemeinschaft reagierte scharf auf Vâlcovs Verleumdungen: Man sei "konsterniert" vom Vorgehen des Beraters der Regierungschefin und werde keinen Vergleich zwischen dem amtierenden Staatspräsidenten und "einem der größten Kriminellen in der Geschichte der Menschheit" dulden. Johannis sei stets dezidiert gegen Antisemitismus und Xenophobie eingetreten und eben deshalb mit der Ehrenmedaille "Freund der Jüdischen Gemeinschaften" ausgezeichnet worden, teilte Aurel Vainer, Präsident der Föderation der Jüdischen Gemeinschaften in Rumänien, am Montag in einer Presseaussendung mit. Auch das Elie Wiesel-Institut zur Erforschung des Holocaust in Rumänien reagierte umgehend auf Vâlcovs "gravierende Äußerungen" und verwies darauf, dass dieser sich damit strafbar mache.

Vâlcovs Clip stellt den Tiefpunkt einer schon seit Wochen laufenden Diffamierungskampagne gegen das deutschstämmige Staatsoberhaupt, die deutsche Minderheit in Rumänien und die in Antiregierungsprotesten hart erprobte rumänische Zivilgesellschaft dar. Erst Ende August hatte der PSD-Abgeordnete Liviu Pop das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien als "Nachfolgeorganisation einer Nazi-Gruppe" bezeichnet. Johannis habe über Jahre einer "Nachfolgeorganisation" der Deutschen Volksgruppe in Rumänien vorgestanden, die "in Nürnberg bekanntlich wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurde", diese Erkenntnis habe er "aus dem Netz", so der frühere Bildungsminister.

Österreich als "Kakerlake"

Davor hatte Pop in einem Facebook-Post vier westliche Staaten – Österreich, Deutschland, die Niederlande und die USA – mit Kakerlaken verglichen, die über Rumänien wegen der Erdgasvorkommen des Landes herfallen würden. Von den Medien auf seine Fotocollage angesprochen, sagte Pop, sie habe nicht den Staaten an sich, sondern "unserem geliebten Führer" gegolten, der all das zulasse.

Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien und die Parlamentsfraktion der ethnischen Minderheiten forderten am Montagabend Regierungschefin Viorica Dancila zur umgehenden Entlassung ihres persönlichen Beraters auf. Die politische Vertretung der deutschen Minderheit in Rumänien sagte der APA auf Anfrage, zudem rechtliche Schritte gegen die Hetzer zu prüfen. Die bürgerliche und liberale Opposition warf Vâlcov Verbreitung verfassungsfeindlicher Symbole und an Volksverhetzung grenzende Diffamierungen vor.

Erst in den letzten Tage hatte sich Rumäniens Außenminister Teodor Meleșcanu (linksliberale ALDE) anlässlich eines Besuchs seines deutschen Amtskollegen Heiko Maas (SPD) genötigt gesehen klarzustellen, dass er "jeden Standpunkt" missbillige, der das "Ansehen" der deutschen Minderheit in Abrede stelle. Allerdings distanzierte sich Melescanu lediglich in eigenem Namen von den Diffamierungen des Koalitionspartners. Im Namen der Regierung dürfte wohl eher PSD-Chef Liviu Dragnea gesprochen haben, der am Montagabend Vâlcovs Diffamierung als "unglückliche Geste" abtat, die seiner Meinung nach konsequenzlos bleiben müsse. Dragnea fügte jedoch hinzu, dass die Entscheidung letztlich bei Regierungschefin Dăncilă liege. (APA, 4.9.2018)