Andreas Heraf: "Es hat mich gewundert, dass niemand mit mir gesprochen hat. Ich hatte keine Möglichkeit, meine Meinung zu äußern ... Ich habe ein reines Gewissen. Ich bin mir keiner Schuld bewusst."

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Wien – Ende Juli wurde das Kapitel Andreas Heraf in Neuseeland beendet. Der 50-Jährige musste als Teamchef des Frauennationalteams zurücktreten, nachdem ihm Defizite im Umgang mit den Spielerinnen vorgeworfen und die taktische Ausrichtung bekrittelt worden war.

In der Sendung "Talk und Tore" nahm Heraf am Montag auf Sky nun erstmals Stellung zu den Vorwürfen und berichtete, wie er seine Zeit auf der Insel erlebt hatte.

"Im ganzen Land Widerstand gegen Ausländer gespürt"

Heraf kritisierte, sich von Beginn an in Neuseeland nicht willkommen gefühlt zu haben. "Von Anfang an hat man im ganzen Land diesen Widerstand gegen Ausländer gespürt. Ich kann es auch beweisen, und das war auch dann letztendlich der Grund, warum ich das Land verlassen habe. Die Zeitungen, die massiv gegen mich vorgegangen sind, haben mich mit Adolf Hitler, dem österreichischen Diktator, verglichen. Das sind Dinge, die zu weit gehen."

Heraf weiter: "Und ein einheimischer Trainer, der auch ganz klar gegen Ausländer war, hat Fritz Schmid, den ich als Herrentrainer installiert habe, ins Gesicht gesagt, 'Heraf ist jetzt weg, ich würde auch dir empfehlen, dass du das Land verlässt, weil es gibt jetzt Krieg, und es wird Blutvergießen geben.'"

Vergleich mit Hitler?

Auf nzherald.co.nz wurde Heraf zwar als "Austrian football dictator" bezeichnet, ein direkter Vergleich mit Hitler lässt sich allerdings nicht nachweisen. Sportredakteur Chris Rattue von nzherald.co.nz erklärt auf STANDARD-Anfrage, dass er den Vorwurf des Vergleichs mit Hitler nun zum ersten Mal höre.

Am Dienstag kontaktierte DER STANDARD Heraf noch einmal und bat um den Namen des Mediums, das ihn angeblich mit Hitler verglichen hätte. Heraf konnte sich an dessen Namen allerdings nicht mehr erinnern. Mehr wolle er dazu nicht mehr sagen.

"Hatte keine Möglichkeit, meine Meinung zu äußern"

Heraf bemängelte auf Sky, dass es in allen Belangen Einmischung gab, aber niemand mit ihm darüber gesprochen habe. "Das war dann auch bei mir der Fall, in puncto Taktik, Zusammenstellung des Trainerteams, Trainingsgestaltung. Es gab die Mitteilung, dass der Verband die Mitteilung von der Spielergewerkschaft bekommen hat, dass Unzufriedenheit da ist und dass man den Trainer und den Sportdirektor der Nationalmannschaft beurlauben sollte, ein Verfahren einleiten sollte. Es hat mich gewundert, dass niemand mit mir gesprochen hat. Ich hatte keine Möglichkeit, meine Meinung zu äußern. Ich bin heute nach zweieinhalb Monaten das erste Mal hier, wo ich die Möglichkeit habe, etwas zu sagen."

Laut Heraf gebe es "fünf Untersuchungen in Neuseeland, im Hockey, beim Radfahren, beim Netball, beim Rudern und beim Fußball. Das ist für mich auch das Problem, das Neuseeland für mich hat. Dort gibt es den Begriff 'Player-led', von Spielern geführt. Den habe ich auch nicht gekannt und war dann auch ein wenig überrascht, dass es gang und gäbe ist, dass die Athleten Mitspracherecht bei verschiedenen Dingen haben wollen oder auch haben."

"Es war schwierig, diese Kultur zu verstehen"

Zu Vorwürfen wie Einschüchterung, Mobbing oder Belästigung sagte der frühere ÖFB-Teamspieler: "Ich habe ein reines Gewissen. Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Es sind in Neuseeland viele Dinge passiert, die ein Zusammentreffen von verschiedenen Kulturen waren. Zum Beispiel wird die Partizipation, die Teilnahme, ganz groß geschrieben und die Leistung ist fast nicht vorhanden. Die Damen haben zum Beispiel an vier Weltmeisterschaften teilgenommen und noch nie ein Spiel gewonnen.

Heraf sah in Neuseeland auch eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit: "Auf der anderen Seite gibt es diesen unglaublichen Glauben und Willen der gesamten Bevölkerung, dass man alles gewinnen kann. Ich habe der Mannschaft und dem Volk erklärt, dass man nicht innerhalb von drei Wochen fünf oder sechs Spiele gewinnen kann, wenn man vorher noch nie gewonnen hat. Es war schwierig, diese Kultur zu verstehen."

Der Anfang vom Ende

Der damalige ÖFB-Nachwuchstrainer Heraf hatte Österreich im April 2017 verlassen und in Neuseeland angeheuert. Im Dezember übernahm der Sportdirektor des Verbands dann auch das Frauennationalteam – mit dem erklärten Ziel, es zur WM 2019 nach Frankreich zu führen. Es sollte anders kommen.

Im Juni hatten sich 13 Spielerinnen der Football Ferns in einem Beschwerdebrief über Heraf beklagt. Der 50-Jährige hatte die Vorwürfe, die seiner Meinung nach jeglicher Grundlage entbehren, Anfang Juli mit "grundlegenden Auffassungsunterschieden in Bezug auf Professionalität und Leistung" erklärt. Heraf wurde mit Veröffentlichung der Vorwürfe von seinen Aufgaben freigestellt, später bot er dem Verband seinen Rücktritt an. (honz, 4.9.2018)