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Sergio Ramos hat gemeinsam mit allen Kapitänen der spanischen Liga mit Streiks gedroht, sollte die Liga zukünftig Spiele in den USA austragen wollen.

Foto: Reuters/JAVIER BARBANCHO

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Zuschauer sollen auch in den USA fleißig Real-Madrid-Leiberln kaufen.

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Es war nur eine kurze Meldung in deutschen Medien vom Dienstag: Der Geschäftsführer der deutschen Fußballliga, Christian Seifert, hat die Austragung einzelnen Bundesliga-Partien im Ausland ausgeschlossen. "Wir werden niemals ein Pflichtspiel außerhalb Deutschlands spielen." Und: "Das ist eine Grenze, die wie nicht überschreiten werden."

Dabei ist die Grenze im Fußball längst überschritten im Streben nach größeren Umsätzen, das an der Seele des Spiels nagt. Das spanische Supercup-Finale zwischen Barcelona und dem FC Sevilla fand in Tanger, Marokko, statt. Der italienische Supercup geht seit Jahren an wechselnden Orten wie Doha, Schanghai und 2019 Saudi-Arabien über die Bühne, Frankreichs Meister Paris Saint-Germain feierte den jüngsten Supercup-Sieg im chinesischen Shenzen.

Szenario europäische Weltliga

Der vor kurzem aufs Tapet gebrachte Vorstoß der spanischen Liga, Ligaspiele zukünftig in den USA auszutragen, ist der nächste Schritt in der globalen Totalvermarktung. Im Jänner 2019 soll Girona sein Heimspiel gegen den FC Barcelona in den USA bestreiten, Gironas 9.000 Saisonkartenbesitzer will die Liga mit Charterflügen nach Amerika verfrachten.

Die USA sind mit ihrem hohen lateinamerikanischen Bevölkerungsanteil ein idealer Markt für "La Liga North America". Deren Chef Boris Gartner kennt sich aus, arbeitete davor für den mexikanische Fernsehriesen Televisa. Die Premier League dürfte bald nachziehen, Pre-Season-Spiele in den USA sind bereits Realität. Während in Europa und den USA der Widerstand gegen die Globalisierung der Wirtschaft auf die Spitze getrieben wird, fängt diese im Fußball erst an.

Eine europäische Weltliga? Keine Träumerei mehr. Die europäischen Märkte sind gesättigt, auf der Weltkarte gibt es aber noch genug Weideflächen, die noch nicht abgegrast sind. Auch die deutsche Liga wird darüber irgendwann nachdenken. "Was spricht dagegen, wenn künftig ein DFB-Pokalfinale statt in Berlin in Schanghai stattfinden würde?", sagte Adidas-Chef Kasper Rorstedt schon einmal.

Marktgesteuerte Eingriffe

Spaniens Spieler bezeichnen die Expansionspläne der Liga als verrückt, drohen mit Streik. Aber ihre Interessen sind zweitrangig, genauso wie Traditionen. Um vor allem den asiatischen Markt zu bedienen, gibt es jetzt schon bis zu zehn verschiedene Anpfiffzeiten, vom Mittagessen um zwölf bis zur Schlafenszeit um 22 Uhr. Dadurch bleiben auch immer mehr Zuschauer weg. An den ersten Spieltagen hatte Real so wenige Fans wie seit 2009 nicht mehr im Stadion, auch das Camp Nou war bei Barcelonas Sieg gegen Deportivo Alaves nur halbvoll. Nicht umsonst gibt es den Passus im TV-Vertrag der Liga, dass die jeweiligen Haupttribünen für die Kamerabilder gänzlich voll sein müssen. Gibt es Lücken, müssen die Klubs Strafe zahlen.

Die schauen derweil interessiert auf die US-Profiligen, wo Spiele im Ausland längst gang und gäbe sind. NBA und NFL veranstalten ihre Global Games in London und Mexiko-Stadt, bald soll auch in China gespielt werden. Die Meinungen der Spieler zu diesem Thema werden nicht erfragt. 2019 wird es auch zwei Spiele der Major League Baseball in London geben. Wen das in Europa interessiert, sei dahingestellt.

Vorteil Premier League

2008 hatte sich die Fifa noch gegen Expansionspläne der Premier League quergelegt, laut dem Weltverband aus Respekt vor den Fans. Das ist lange her, Englands Interesse an Spielen in Asien besteht. Spanien versucht die englische Dominanz zu brechen, die Premier League bleibt aber attraktiver, weil sie sich an Vereinen und nicht an Starspielern orientiert. Sie ist wirtschaftlich stabiler, weil nicht so horrend verschuldet, und nicht so fad, weil eben nicht immer nur zwei Teams wie in Spanien den Titel untereinander ausmachen.

Auch wenn sich Traditionen und Zugehörigkeitsgefühl im Fußball nicht exportieren lassen, für die Machtzentren des Fußballs wird die Expansion in neue Märkte wohl ein Heimspiel. (Florian Vetter, 4.9.2018)