Thiem hatte Glanzmomente.

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Und Nadal haderte. Am Ende setzte sich aber der Spanier durch.

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New York / Wien – Um 2.03 Uhr (Ortszeit) ist Titelverteidiger Rafael Nadal am Mittwoch bei den US-Open über das Netz gestiegen und hat Dominic Thiem zu dessen großartiger Leistung gratuliert. Doch der Sieg ging im Viertelfinale von New York nach einem epischen Fünfsatzthriller an den Spanier. Thiem musste sich nach einem sehr starken Auftritt nach 4:49 Stunden mit 6:0, 4:6, 5:7, 7:6 (4), 6:7 (5) geschlagen geben.

Der seit Montag 25-jährige Niederösterreicher trieb den Weltranglisten-Ersten an den Rand einer Niederlage. Er hatte gute Chancen, mit 2:1-Sätzen in Führung zu gehen, erarbeitete sich noch einen fünften Satz und musste sich dann, zwei Punkte vom Triumph entfernt, doch noch dem 17-fachen Grand-Slam-Sieger beugen.

Thiem, der angetreten war, um als erster Österreicher überhaupt in ein Einzelhalbfinale der US Open einzuziehen, hat damit das erste Hartplatzduell mit Nadal verloren. Insgesamt führt der Spanier gegen Thiem nun 8:3 im Head-to-Head. Der French-Open-Finalist erhält für sein insgesamt viertes Major-Viertelfinale, dem ersten außerhalb von Paris, 475.000 Dollar brutto Preisgeld sowie 320 ATP-Zähler für die ATP-Rangliste.

"Tennis ist manchmal grausam"

In der anschließenden Pressekonferenz stellte sich ein gefasster Thiem der internationalen Presse. "Ja, dieses Match wird mir sicher für immer in Erinnerung bleiben. Tennis ist manchmal grausam, weil ich denke, dass das Match heute nicht wirklich einen Verlierer verdient hat", meinte Thiem.

Das Gute, was er daraus mitnimmt: "Ich würde sagen, das war das erste wirklich epische Match, das ich gespielt habe. Ich habe einige gute davor gespielt, aber nicht so lange, und nicht so lange gegen die besten Leute auf Grand-Slam-Ebene", sagte Thiem. "Ich bin glücklich, dass mir das zum ersten Mal gelungen ist, auch wenn es in die falsche Richtung gegangen ist." Die Gesamtleistung sei "schwer in Ordnung" gewesen. "Der erste Satz war richtig, richtig gut. Es war aber auch klar, dass es nicht so weitergehen kann. Und wenn man den ersten Satz beiseite nimmt, war es ein offenes Match bis zum Ende", sagte Thiem.

"Es war ein toller Kampf, die Bedingungen waren hart, weil es sehr feucht war. Es tut mir sehr leid für Dominic, er ist ein enger Freund auf der Tour, und ich wünsch ihm alles Gute", sagte ein glücklicher Nadal noch auf dem Court. Er habe Thiem gesagt, dass er so weitermachen soll. "Er hat einfach alles. Ich bin sicher, er wird ohne Zweifel in der Zukunft seine Chance haben."

Dominik Thiem scheiterte knapp.
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Fulminanter Auftakt von Thiem

Thiem begann sein zweites Karrierematch im Arthur Ashe Stadium wie von einem anderen Stern. Er erwischte Nadal kalt und spielte sich in den ersten 24 Minuten in einen Rausch. Er schockte wohl selbst Nadal mit 13 Winnern gegenüber nur zwei unerzwungenen Fehlern beziehungsweise 24:7 Punkten mit einem 6:0. Selbst ESPN-Experte John McEnroe sprach zu diesem Zeitpunkt von einem "Thiem in Trance". Nahezu jeder Schlag funktionierte perfekt.

Nadal schlägt zurück

Doch wohl jedem war klar, dass es in dieser Tonart nicht weitergehen kann. Nadal steigerte sich, und noch blieb auch Thiem bei seinem Aufschlag unantastbar. In den ersten sechs Aufschlaggames des elften Duells mit Nadal gab Thiem bis zum 3:3 im zweiten Satz nur drei Punkte ab. Doch nach dem ersten Zu-null-Aufschlaggame Nadals sah sich Thiem bei 3:4 plötzlich zwei Breakbällen gegenüber, und Nadal schaffte es auch gleich zum 5:3.

Ein sofortiges Rebreak zum 4:5 war Thiems Antwort, doch dem unter anderem von Schauspieler Ben Stiller angefeuerten Spanier gelang ein neuerliches Break. Mit einer Vorhand ins Out gab Thiem Satz zwei nach insgesamt 68 Minuten mit 4:6 ab, Nadal kommentierte das mit einem lauten "Vamos!".

Thiem vergibt große Chance

Durchgang Nummer drei wurde noch enger, obwohl Thiem, der zwar etwas fehlerhafter, bei seinem Aufschlag aber wieder souveräner als gegen Ende des zweiten Satzes agierte. Den ersten Breakball bei 2:2 nutzte Thiem noch nicht, aber beim nächsten Aufschlagspiel des 17-fachen Grand-Slam-Siegers knackte Thiem das Service zum 4:3. Er stellte auf 5:3 und servierte bei 5:4 auf die 2:1-Satzführung. Doch mit einem Doppelfehler zum 15:40 und in der Folge einer Rückhand ins Out ermöglichte er Nadal das Rebreak zum 5:5. Bei 5:6 vergab Thiem drei Chancen, ins Tiebreak einzuziehen, Nadal nutzte dann selbst seine dritte Breakchance zum 7:5 nach 2:15 Stunden.

Thiem kämpft sich zurück

In Satz vier wehrte Thiem zunächst zwei Breakbälle zum 0:2 ab und schaffte im dritten Game plötzlich das Break zum 2:1. Bei 3:1 hatte Thiem bei 15:40 und später noch einmal insgesamt drei Bälle zum Doppelbreak, Nadal schaffte mithilfe von zwei weiten Aus-Bällen aber das 2:3. Thiem hielt danach mit Ach und Krach seinen Aufschlag zum 4:2, musste aber zum 4:4 doch das Rebreak hinnehmen. Bei 5:5 hatte er einen Breakball, den Nadal aber abwehrte. Bei 6:5, 30 beide beging Nadal einen haarsträubenden Volleyfehler, der den Matchball bedeutet hätte. Thiem rettete sich ins Tiebreak und holte sich den verdienten Satzausgleich mit 7:4.

Spannung bis zum Schluss

Die Spannung ebbte auch im fünften und entscheidenden Durchgang nicht ab. McEnroe sprach von einer "unwirklich tollen Fitness von Thiem". Beide Spieler boten weiterhin hochklassiges Tennis. Thiem wehrte bei 2:2 zwei Breakbälle ab, dann bei 5:5 und 0:40 noch einmal drei und rettete sich ins Tiebreak. In diesem hielt er bis 5:5 gut mit, doch den ersten Matchball "verwertete" Thiem mit einem Smash zugunsten Nadals.

ORF

Sein nächster Auftritt ist kommende Woche beim Davis-Cup-Weltgruppen-Playoff vom 14. bis 16. September in Graz gegen Australien. Nadal steht hingegen am Freitag im Halbfinale, in dem er auf den Argentinier Juan Martin Del Potro trifft. (red, APA, 5.9.2018)