Bad Großpertholz – Bis vor wenigen Jahren waren Wölfe in Österreich allenfalls Durchzügler. Bis 2015 konnten bis zu sieben Tiere genetisch nachgewiesen werden, die vermutlich aus der Schweiz und Italien sowie aus dem slowenisch-kroatischen Raum und aus den Karpaten vorübergehend eingewandert waren. 2016 jedoch änderte sich die Situation: Beobachtungen zeigten, dass sich in Allensteig im Waldviertel ein Pärchen dauerhaft niederließ, das mittlerweile offenbar mehrfach Nachwuchs bekommen hat. Das letzte Mal geschah derartiges auf heimischem Boden vor rund hundert Jahren.

Nun dürfte sich laut der Umweltschutzorganisation WWF ein weiterer Familienverband im oberösterreichisch-niederösterreichisch-tschechischen Grenzgebiet eine neue Heimat gefunden haben. Die Tiere waren am 26. August kurz vor 7.00 Uhr früh von einer Fotofalle in Karlstift im Bezirk Gmünd in Niederösterreich eingefangen worden. Auf den Bildern waren zumindest vier Welpen zu erkennen.

Gekommen um zu bleiben

Wolfsanwalt Georg Rauer sieht in den Aufnahmen eine Bestätigung, dass sich dort tatsächlich ein neues Rudel gebildet hat. Es handle sich nicht um Abkömmlinge des Rudels aus der Region Truppenübungsplatz Allentsteig. Die Elterntiere könnten aus Deutschland oder Polen zugewandert sein. Die Wölfe werden in einem etwa 200 Quadratkilometer großen Gebiet im nieder-/oberösterreichisch/tschechischen Grenzraum umherstreifen. Auch der oberösterreichische Jagdverband berichtet über Hinweise auf dieses Rudel.

Diese Entwicklungen untermauern die Vermutung, dass Isegrim sich auf österreichischem Staatsgebiet immer mehr verbreitet. Damit wird der Ruf nach einem nachhaltigen Wolfsmanagement laut, denn zahlreiche Landwirte sehen ihre Nutztiere zunehmend in Gefahr. Der WWF reagierte am Mittwoch auf die Meldung über das neue Rudel: Laut Wolfexperten Christian Pichler müssten vor allem Weidetierhalter beraten und finanziell unterstützt werden.

Angepasster Herdenschutz

Besonders wichtig sei ein praxisgerechter, an die Region angepassten Herdenschutz. Jeder Hof sei anders, weshalb der Schutz an die jeweilige Situation angepasst werden sollte, damit er gut funktioniert. Ohne diesen seien Vergrämungen wenig erfolgversprechend. "Wölfe dürfen gar nicht erst realisieren, dass Weidetiere eine leichte Beute darstellen."

Im wildreichen Österreich würden sie sich ohnehin großteils von Wildtieren ernähren. Schafe seien nur eine Gelegenheitsbeute, wenn sie nicht oder nur ungenügend geschützt seien. Der Verhaltensbiloge Kurt Kotrschal ergänzte: "Wölfe lernen rasch zwischen 'erlaubter' (Wild) und 'unerlaubter' (Haus- bzw. Nutztiere) Nahrung zu unterscheiden, wenn sie zum Beispiel ein strom-führender Zaun behindert." (red, APA, 5.9.2018)