Das Smartphone sollte am besten ganz aus dem Schlafzimmer verbannt werden, raten Experten.

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Freizeit ist in Zeiten von Diensthandys und überall zugänglichem E-Mail-Postfach bekannterweise für viele längst nicht mehr nur Freizeit. Vier von fünf Österreichern sind auch abseits der Arbeit für ihre Firma erreichbar, wie eine Online-Umfrage mit rund 3.500 Personen der Arbeiterkammer im April ergab. Nur zwölf Prozent sind das nicht. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, dass es seitens der Arbeitgeber erwartet werde, schnellstmöglich auf Anrufe und E-Mails zu reagieren. Sind sie mal nicht erreichbar, hat etwa jeder Fünfte ein schlechtes Gewissen und weitere rund 20 Prozent werden unruhig. Zu diesem Ergebnis kam eine Michael-Page-Blitzumfrage. Naheliegend, dass knapp zwei Drittel der von der AK befragten Arbeitnehmer die ständige Erreichbarkeit als störend und belastend empfindet.

Doch nicht nur das: In der Freizeit E-Mails zu lesen hat Einfluss auf das psychische Wohlbefinden am nächsten Arbeitstag. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung (Ifado) an der TU Dortmund, die vergangene Woche veröffentlicht wurde. Sie ist eine von vielen, die zeigt, dass ständige Erreichbarkeit Auswirkungen auf die Berufstätigen hat.

Genug Schlaf entscheidend

Zehn Tage lang führten die Probanden darüber Tagebuch, wie intensiv sie ihr Smartphone am Abend für berufliche Zwecke nutzten und wie sie geschlafen haben. Das Ergebnis: Mobil erreichbar zu sein, ist belastend, denn es koste zu viel Energie zwischen den Rollen als Beschäftigter und als Privatperson hin- und herzuwechseln. "Berufliche Smartphone-Nutzung in der Freizeit wie auch viele Aufgaben während der Arbeitszeit erfordern, dass wir uns kontrollieren und unser Verhalten an die aktuelle Situation anpassen. Solche Selbstkontrollprozesse kosten Energie. Ist die erschöpft, sinkt unsere Leistungsfähigkeit", sagt die Studienautorin Lilian Gombert. Sie ist Arbeitspsychologin am Ifado. Man kann sich schlechter konzentrieren und ist weniger aufmerksam.

Verlangt der Job am nächsten Tag, dass man seine Impulse kontrolliert, Ablenkungen widersteht oder innere Widerstände überwindet, nimmt man diese Anforderungen deutlich belastender wahr, wenn man am Abend zuvor am Diensthandy war. Die Folge: Man fühlt sich erschöpfter als an anderen Tagen. Doch nicht bei allen Probanden kam es zu dieser Wirkung: Jene, die zwar auf ihr Diensthandy schauten, aber danach gut schliefen, fühlten sich am nächsten Tag besser als die Studienteilnehmer, die schlecht schliefen. Der Schlaf kann also das Weiterarbeiten nach Feierabend kompensieren. "Wenn ein Projekt fertig werden muss, lässt sich das nicht immer vermeiden. Dann sollte man darauf achten, gut und ausreichend zu schlafen", sagt Gombert.

Unproduktiver und unkreativer

Das sollte dennoch die Ausnahme sein, legt eine Studie der Uni Zürich nahe. Rund 2000 Arbeitnehmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wurden dafür befragt. Jene, die nach der Arbeit keiner entspannenden Tätigkeit, wie Zeit mit der Familie zu verbringen, Sport oder Hobbys, nachgingen, konnten sich – nicht überraschend – schlechter erholen und waren am nächsten Tag unproduktiver und unkreativer. Das liegt, so die Forscher, daran, dass es für die Entspannung wichtig sei, sich gedanklich von der Arbeit zu lösen.

Daher empfiehlt die Studienautorin Ariane Wepfer, Psychologin an der Uni Zürich, dass Arbeitgeber keine ständige Erreichbarkeit verlangen. Sie ab 19 Uhr gar nicht erst zuzustellen, wie das etwa Porsche macht, sei kein Muss. Es helfe schon, wenn die Führungskraft nicht erreichbar ist oder E-Mails nach 22 Uhr schreibt, dann falle es auch den Mitarbeitern leichter. Weitere bekannte Tipps sind etwa, die Benachrichtigungen am Handy nach Feierabend auszuschalten, oder es zur Routine zu machen, dass man abends mehrere Stunden aufs Smartphone verzichtet. Auch ist es hilfreich, das Smartphone aus dem Schlafzimmer zu verbannen, um nicht in Versuchung zu geraten, im Bett E-Mails zu checken. (set, 7.9.2018)