Bad Großpertholz/Wien – Nach dem bestätigten Auftauchen eines neuen Wolfsrudels im Norden Österreichs hat der WWF-Experte Christian Pichler am Mittwoch eine umfassende Informationsoffensive gefordert. Ein seriöses Wolfsmanagement, Beratung für die Weidetierhalter, ein individueller Herdenschutz und finanzielle Unterstützung seien notwendig.

Welpen

Mehrere Medien veröffentlichten eine Aufnahme aus einer Fotofalle in Karlstift im Bezirk Gmünd in Niederösterreich. Mindestens vier Welpen sind darauf zu sehen. Zusammen mit DNA-Analysen aus etlichen Schafrissen und Losungsfunden ergibt sich für Wolfsanwalt Georg Rauer, dass sich dort ein neues ansässiges Rudel gebildet hat. Es handle sich nicht um Abkömmlinge des Rudels aus der Region Truppenübungsplatz Allentsteig. Die Elterntiere könnten aus Deutschland oder Polen zugewandert sein. Die Wölfe würden in einem etwa 200 Quadratkilometer großen Gebiet im niederösterreichisch-oberösterreichisch-tschechischen Grenzraum umherstreifen.

In einem Wald bei Karlstift (Bezirk Gmünd) ist ein Wolfsrudel in eine Fotofalle getappt. Das bedeutet, dass es neben den etwa 20 Wölfen, die am Truppenübungsplatz Allentsteig leben, nun ein zweites bestätigtes Rudel in Niederösterreich gibt.
ORF

Der WWF reagierte am Mittwoch auf die Meldung über das neue Rudel. Denn darin waren auch Personen zitiert worden, die die Tiere bereits gesichtet hatten. Diese hätten demnach keine Angst oder Scheu vor Menschen gehabt. Es gebe weiters Anfragen von besorgten Elternvereinen, die sich Sorgen um kommende Schulausflüge machen. "Jetzt geht es darum, möglichst rasch die richtigen Maßnahmen zu setzen", stellte Christian Pichler fest. Vor allem Weidetierhalter müssten beraten und finanziell unterstützt werden. Besonders wichtig sei ein praxisgerechter, an die Region angepassten Herdenschutz. Jeder Hof sei anders, weshalb der Schutz an die jeweilige Situation angepasst werden sollte, damit er gut funktioniert. Ohne diesen seien Vergrämungen wenig erfolgversprechend. "Wölfe dürfen gar nicht erst realisieren, dass Weidetiere eine leichte Beute darstellen."

Schafe als Gelegenheitsbeute

Im wildreichen Österreich würden sie sich ohnehin großteils von Wildtieren ernähren. Schafe seien nur eine Gelegenheitsbeute, wenn sie nicht oder nur ungenügend geschützt seien. Der Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal ergänzte: "Wölfe lernen rasch zwischen 'erlaubter' (Wild) und 'unerlaubter' (Haus- bzw. Nutztiere) Nahrung zu unterscheiden, wenn sie zum Beispiel ein stromführender Zaun behindert."

Wie viele Wölfe sich in Österreich aufhalten, ist laut Rauer schwer zu beziffern. Nur im Norden seien nunmehr zwei ansässige Rudel gesichert. Andere gesichtete oder durch Risse bewiesene Tiere dürften durchziehende oder umherstreifende sein. Dazu kämen solche, die noch gar nicht bemerkt worden seien.

Reaktion im Bezirk Freistadt

Nach den Wolfssichtungen und -rissen erlaubt Oberösterreich in der Mühlviertler Gemeinde Liebenau Vergrämungsmaßnahmen. Nähert sich ein Wolf auf 200 Meter einem bewohnten Gebäude, dürfen Grundstückseigentümer und Jäger Gummigeschoße, Schreckschussmunition, Signalpatronen, Licht oder Lärm einsetzen, um ihn zu vertreiben, teilte Agrarlandesrat Max Hiegelsberger (ÖVP) mit.

Es sei die erste Ausnahmebewilligung, die erteilt worden sei, so Hiegelsberger. Sie gilt bis 31. Dezember 2019, jede Maßnahme müsse exakt protokolliert werden. Das Vorgehen ist Teil eines bei einem runden Tisch im Mai vereinbarten Zweistufenplans. Die erste Stufe sieht Vergrämungsmaßnahmen vor, die zweite auch den Abschuss von Tieren, die sich selbst durch Gummigeschoße und Ähnliches nicht von Häusern fernhalten lassen. (APA, 5.9.2018)