Greg Hands kämpfte vor dem Brexit-Referendum für den Verbleib Großbritanniens in der EU.

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Rechtzeitig zum Ende der britischen Parlamentsferien hat Premier Theresa May ihre Brexit-Verhandlungslinie bekräftigt. Das im Juli vorgelegte Weißbuch sieht einen Status enger Assoziation Großbritanniens mit der EU vor. Kompromisse werde sie "nur im nationalen Interesse" machen. Zuletzt hatten Regierungsmitglieder mehrfach mit einem chaotischen ("no deal") Brexit ohne Austrittsvereinbarung gedroht. Ex-Minister Greg Hands plädiert für eine pragmatische Vereinbarung.

STANDARD: Mr. Hands, was halten Sie von den Forderungen nach einem zweiten EU-Referendum?

Hands: Den Brexit aufzuhalten wäre zutiefst undemokratisch. Wir hatten im Vorfeld der Abstimmung im Juni 2016 eine intensive Debatte. Beide Seiten waren gut organisiert und brachten fundierte Argumente vor.

STANDARD: Sie kämpften für den EU-Verbleib. Warum ging die Abstimmung aus Ihrer Sicht verloren?

Hands: Die Koordination zwischen den Spitzen von Konservativen und Labour war nicht leicht ...

STANDARD: ... zumal der Labour-Chef Jeremy Corbyn der EU stets skeptisch gegenüberstand.

Hands: Dazu kamen im Jahr davor die anhaltende Krise des Euro und die Flüchtlingskrise, die von den Menschen in Großbritannien sehr genau verfolgt wurde.

STANDARD: Und zu deren Lösung London nichts beitragen wollte.

Hands: Das sehe ich ganz anders. Wir waren der zweitgrößte Geldgeber für Flüchtlingslager in den Grenzländern Syriens. Wir wollten deutlich härter als manche Verbündete gegen Präsident Assad und die Terrortruppe IS vorgehen.

STANDARD: Unterstützen Sie weiter die Brexit-Linie der Regierung?

Hands: Es geht darum, gemeinsam das beste Ergebnis für unser Land zu erzielen. Übrigens ist eine vernünftige Austrittsvereinbarung im Interesse beider Seiten. Immerhin wird Großbritannien nach dem Brexit beinahe der größte Außenhandelspartner der EU sein, knapp hinter den USA, aber vor China und der Schweiz.

STANDARD: Sie hoffen auf ein Entgegenkommen des Kontinents.

Hands: Es ist doch so: Die EU hat derzeit Handelsprobleme mit den USA, mit China, mit Russland. Will man sich da zusätzlich gestörte Beziehungen mit Großbritannien aufhalsen? Das kann doch eigentlich niemand wollen.

STANDARD: Als Regierungsmitglied waren Sie viel unterwegs. Wie beurteilen Sie die Haltung der EU-Partner?

Hands: Also, ich habe meinen Kollegen hier immer wieder gesagt: Für uns mag der Brexit das absolute Thema Nummer eins sein, aber das gilt nicht für unsere Partner.

STANDARD: Die EU-Kommission sagt: Der Binnenmarkt muss erhalten bleiben, britische Rosinenpickerei kommt nicht infrage.

Hands: Dahinter steckt die Angst, Großbritannien könnte Vorbild sein für andere. Das ist aber Unsinn. Nicht einer meiner Gesprächspartner, auch nicht Fidesz-Leute in Ungarn oder polnische Regierungsmitglieder, haben jemals zu mir gesagt: Tolle Idee, euer Brexit, wie macht man das? Sondern alle bedauern unseren Austritt und sagen: Kommt für uns nicht infrage. (Sebastian Borger, 6.9.2018)