Neue Testverfahren unter realistischeren Bedingungen führen zwar zu genaueren Abgaswerten, können aber die Abgabenlast für den Fahrzeughalter erhöhen.

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Wer zurzeit einen Neuwagen kauft, muss mitunter nicht nur tage- oder wochenlang warten, sondern auch einen höheren Preis zahlen als vor einer Woche. Der Grund: Seit 1. September wird bei neu zugelassenen Pkws der Normverbrauch nach einem neuen Verfahren gemessen. Dadurch ergeben sich höhere Emissionswerte bei gleichbleibendem Verbrauch. In der Folge steigt auch die Normverbrauchsabgabe (NoVA). Und das schlägt sich im Kaufpreis nieder.

Das neue Abgasverfahren heißt WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) und findet unter realistischeren Geschwindigkeiten und Temperaturen statt als der bisher verwendete Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ). Die Folge: Der im Rahmen der EU-Typengenehmigung ermittelte CO2-Ausstoß von Pkws ist in der Regel höher, und mit ihm steigt der anhand des CO2-Ausstoßes errechnete Treibstoffverbrauch. Die seit Monatsanfang geltenden strengeren Auflagen und geringeren Testtoleranzen im Messverfahren – darüber hinaus wird auch die Kfz-Ausstattung in die Messung einbezogen – beeinflussen den Verbrauch und den CO2-Ausstoß, was eine höhere Normverbrauchsabgabe zur Folge hat.

Alte Formel, neuer Preis

Von der bei Einführung des neuen Testverfahrens von der Politik in Aussicht gestellten Milderung der Steuerbelastung werden die meisten Fahrzeugkäufer wenig spüren. Denn wohl werden die neuen WLTP-Abgaswerte auf den alten Testzyklus NEFZ zurückgerechnet, um den befürchteten Anstieg der nach neuem Testverfahren berechneten NoVA zu verhindern. So hatte es Anfang 2017 der damalige Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) dem Autofahrerklub ÖAMTC bis Ende 2019 zugesichert. Allerdings sind die Werte, die beim Zurückrechnen auf die alte Berechnungsgrundlage herauskommen, trotzdem höher. Bei völlig identen Fahrzeugen ergeben sich höhere Verbrauchswerte als bei früheren Messungen gemäß NEFZ.

Die Automobilbranche erwartete im Vorfeld der Neuregelung einen Anstieg der NoVA von zwei bis drei Prozentpunkten, erklärt der ÖAMTC in einer Aussendung.

Beim Kauf eines Neuwagens würden dadurch mehrere Hundert Euro an Mehrkosten anfallen. In der Realität sind es teilweise deutlich mehr. Beim Kauf eines Mittelklasse-SUVs, beispielsweise eines Alfa Romeo Stelvio, schlägt die erhöhte NoVA schon mit mehreren Tausend Euro zu Buche. Ein Modell mit 200 PS starkem Benzinmotor werde statt bisher 50.350 Euro nun 53.300 Euro kosten, so Denzel-Verkaufsberater Sebastian Neuner. Beim Modell mit Dieselmotor erhöhe sich der Kaufpreis um rund 1300 Euro. Ein Jeep Grand Cherokee mit Dieselmotor weist gar einen Aufschlag von 5000 Euro auf gegenüber dem bisherigen Preis von rund 83.000 Euro.

Mehr CO2 mehr NoVA

Bei Benzinmotoren fällt gegenüber Dieselmodellen grundsätzlich eine höhere Normverbrauchsabgabe an, weil deren CO2-Ausstoß entsprechend höher ist, erklärt Neuner die Preisbildung. Das seit Dieselgate sattsam bekannte Problem bei Dieselfahrzeugen sind Stickoxid- und Feinstaub-Ausstoß, also Dieselruß.

Ein Problem, dass Kunden zunehmend verunsichert: Der VW-Dieselskandal und drohende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in deutschen Städten machen sich auch bei Händlern hierzulande bemerkbar. Kunden seien viel zurückhaltender und skeptisch über die Zukunft des Dieselantriebs, sagt Jeton Adili, Geschäftsführer des Autohauses Benda & Partner. Die negative Berichterstattung verschlechtere das Image zusätzlich.

Die neuen Abgastests setzten vor allem Gebrauchthändler unter Druck. Viele Kunden bevorzugten vor dem 1. September speziell Neuwagen, um vor der neuen Regelung und der Preiserhöhung noch einen Pkw zu erhaschen. Neuwagenhändler, die alte Modelle loswerden wollten, lockten zudem mit Rabatten. Der ÖAMTC sieht nun das Finanzministerium in der Pflicht. Werde die NoVA-Berechnungsformel nicht angepasst, wäre dies Wortbruch gegenüber den Steuerzahlern. Allerdings: Dazu müssten die Autobauer die Messergebnisse offenlegen, was bis dato nicht der Fall ist. (Muhammed Özdemir, 6.9.2018)