Auf Fragmenten von solchen Rhyta genannten Gefäßen entdeckten die Wissenschafter Hinweise auf die Anfänge uralter Käseherstellung.

Foto: Sibenik City Museum

Allentown – Käse spielt in der Menschheitsgeschichte eine wichtigere Rolle, als man vielleicht glauben mag. Bisherige Funde lassen darauf schließen, dass frühe Landwirtschaftstreibende bereits vor über 7.000 Jahren festgestellt haben, dass weiterverarbeitete Milch bekömmlicher ist als Rohmilch. Damals, im Frühneolitikum, litt die europäische Bevölkerung noch weitgehend unter Laktoseintoleranz, was bedeutet, dass der Milchzucker im Darm nur schlecht abgebaut werden kann. Die Folgen reichen von Blähungen über Übelkeit und Krämpfe bis zu schweren Durchfällen.

Das wollten sich unsere Vorfahren vermutlich nicht antun und ließen daher auch lange Zeit die Finger von tierischer Milch – bis jemand erstmals festgestellt hat, dass weiterverarbeitete Milch wesentlich verträglicher ist. Zunächst waren das vor allem Joghurt und Kefir. Die ältesten bekannten Hinweise auf die Herstellung derartiger käseähnlicher Produkte wurden 2012 auf Tonscherben entdeckt. Die auf Bruchstücken aus Polen nachgewiesenen Fettsäuren belegten, dass in Mitteleuropa schon vor 7.500 Jahren Milchprodukte verzehrt wurden.

Verräterische Rückstände

Ein aktueller Fund zeigt nun, dass im selben Zeitraum auch im Mittelmeerraum Milch zu einem wichtigen Nahrungsmittel aufgestiegen war. Erneut sind es Tonscherben, auf denen ein Team um Sarah McClure von der Pennsylvania State University die verräterischen Rückstände festgestellt haben. Der Fund untermauere die Bedeutung von verarbeiteter Milch für den Erfolg einer Gemeinschaft: Sie könnte zu einem Rückgang des Säuglingssterbens geführt haben, schreiben die Forscher im Fachmagazin "Plos One".

Die Wissenschafter haben Fettsäurereste an Tonscherben analysiert, die sie in zwei Ortschaften an der dalmatinischen Küste Kroatiens gefunden hatten. Radiokarbondatierungen hatten ergeben, dass der Ort Pokrovnik zwischen etwa 6.000 und 5.000 Jahren vor unserer Zeitrechnung durchgängig besiedelt war. In Danilo Bitinj lebten Menschen von etwa 5.300 bis 4.800 vor unserer Zeitrechnung. Die untersuchten Tonscherben stammten aus verschiedenen Epochen, was unter anderem auch an unterschiedlichen Formen, Modellen, Verzierungstechniken und technischen Verfahren zu erkennen sei.

Gefäße für die Käseherstellung

Bereits an 7.700 Jahre alten Tonscherben wiesen die Forscher Milchreste nach. Spuren von käseähnlichen Produkten fanden sie erst an 7.200 Jahre alten Gefäßen. Der Wandel der Technologie lasse gemeinsam mit den Ergebnissen der Fettsäuren-Analyse darauf schließen, dass Milch ab einem gewissen Zeitraum zu Käse weiterverarbeitet wurde. Das Team um McClure vermutet, dass die damaligen Bewohner des untersuchten Gebietes für die Verarbeitung und Herstellung unterschiedlicher Speisen verschiedene Keramikgefäße verwendet haben, wobei die Überreste von Käse meist auf sogenannten Rhyta, einhenkligen Gefäßen, und siebähnlichen Keramiken nachgewiesen werden konnten.

Gesellschaftlich hatte dieser Übergang eine herausragende Bedeutung: Während die Erwachsenen mit ihrer Laktoseintoleranz zu kämpfen hatten, blieben Säuglinge von diesem Problem verschont – Milch bildet für sie eine stabile, kalorien- und nährstoffreiche Nahrungsquelle gewesen. Die Verarbeitung von Milch zu laktosereduziertem Joghurt und Käse habe zur Weiterverbreitung von Milch in Bevölkerung geführt, die sehr davon proftiert haben dürften, schreiben die Forscher.

Demografischer Wandel

Die Verfügbarkeit von tierischer Milch habe es den Frauen beispielsweise ermöglicht, früher abzustillen und schneller erneut schwanger zu werden. Die höhere Überlebensrate der Kleinkinder gemeinsam mit der steigenden Geburtenrate könnte den demografischen Wandel begünstigt haben, der auch eine Ausbreitung in den kühleren Norden erlaubte. (red, APA, 6.9.2018)