Viele der "Tokyo Idols" sind minderjährig. Ihre Fans sind überwiegend Männer zwischen 30 und 50.

Foto: Brakeless Limite/ Exesteelfil

Zwei zierliche Hände umfassen die große Männerhand. Die junge Frau wird die Hand des Mittvierzigers für die nächste Minute nicht loslassen, so wollen es die Regeln. Sie ist ein "Idol", ein junges japanisches Mädchen, das sich durch Singen und Tanzen eine Karriere aufbauen will. Er ist ein Fan, der fast täglich zu den schrillen Auftritten pilgert.

Es ist eine Szene der Doku Tokyo Idols – Die Pop-Girls von Japan (Freitag um 21.45 Uhr auf Arte) die so offensichtlich falsch wirkt, dass man nicht wegschauen kann. Anders als viele Filme, welche die Andersartigkeit Japans sensationalisieren, schaut die Doku unter die Oberfläche der Obsession der Männer mit den viel jüngeren Idols.

Idols als Partnerinersatz

Dafür folgt sie der jungen Rio. Mit 19 gehört sie bereits zu den älteren Idols. Sie sind wandelnde Klischees japanischer Feminität. Oft in Schuluniform mit Schleifen auf dem Kopf drapiert. Es gibt rund 10.000 Idols, die in Kleingruppen auftreten. Ihre Fans: Männer zwischen 30 und 50. Für sie sind die Idols ein Partnerinersatz. Bei den Meet-and-Greets geben die Frauen Nähe, ohne zu fordern. In Japan zeugt selbst ein Handschlag von inniger Vertrautheit. Jeder hat eine Minute mit seinem Idol, bevorzugt wird niemand.

Der Film ist mehr, als sein Titel verheißt: die Studie einer Gesellschaft, in der Männer lieber innerhalb der fixen Regeln der Treffen bleiben, als sich wahrer Intimität zu öffnen. Eine Gesellschaft, in der junge Frauen ihre Privatsphäre für ihre Fans opfern. Fast ununterbrochen zeigen sie sich im Livestream, um deren Gunst und Geld zu bekommen. Die Doku zeigt den Spalt zwischen Frauen und Männern, die zusammen grinsend für Bilder posieren – um dann alleine heimgehen. (Nadine Zeiler, 6.9.2018)

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