Friedlich ist das Burgenland. Weinstock schmiegt sich an Weinstock, Wiesen gefallen sich in gelassenem Auf und Ab. Harmonie herrscht auch im Schloss Esterházy: Nach Reibereien befinden sich Stiftung und Land wieder in einer "Friedensphase", wie Hans Peter Doskozil in seiner Eröffnungsrede von Herbstgold erklärt. Die renommierten Haydn-Festspiele, die Hausherr Stefan Ottrubay des Schlosses verwiesen hatte, wurden in einen Dornröschenschlaf versetzt; ob sie je wieder wachgeküsst werden, ist fraglich.

"Krieg und Frieden" lautet das Motto jedenfalls im Gedenkjahr 2018, es eröffnete Nicolas Altstaedt mit der Haydn Philharmonie: Haydns Militärsymphonie Hob. I:100 findet in der Person des ehemaligen Verteidigungsminister Doskozil mutmaßlich einen kundigen Hörer. Im zweiten Satz stört Haydn ein poetisches Idyll mit krachender Militärmusik. Szenen von wirbelnder Heiterkeit und pulsierender Energie ereignen sich davor und danach.

Die überwiegend jungen und weiblichen Mitglieder der Haydn Philharmonie musizieren größtenteils stehend, emotionsstark und initiativkräftig: Jeder rackert und swingt, bringt sich mit ein in das virtuose Konzert der Stimmen, mit lächelnder Miene und entflammtem Herzen.

Glühendes Kraftwerk des Leids

Ist Altstaedt der Vincent Gallo der Streicherstars? Elgars Cellokonzert zelebriert der 36-Jährige als große Passion, mit sich selbst als filmheldschönem Gekreuzigten. Altstaedt wird zu einem glühenden Kraftwerk des Leids; mal trägt er seine Klagen in großer Schlichtheit vor, mal pflügt er wie ein wilder Stier durch die düsteren Gefühlslandschaften des Werkes, das Elgar nach Ende des Ersten Weltkriegs geschaffen hat.

Die Stimmführer unterstützen den Solisten in seiner Leitungsfunktion und führen den Gästen so vor Augen und Ohren, was alles möglich ist, wenn man aufeinander hört. Und dann wird auch Beethovens Fünfte zu einer mit körperlicher Sinnlichkeit erfüllten Bilderfolge, die mit Momenten von militärischer Härte und Unerbittlichkeit beginnt und in einem kollektiven Taumel der Euphorie endet, erst auf dem Podium und schließlich im Saal. (sten, 6.9.2018)