Äpfel und Birnen aus Bioanbau in Spanien sind längst nicht mehr auf kleine Bioläden beschränkt. Obst und Gemüse findet den Weg inzwischen in Supermärkte und mischt den Handel in Europa auf.

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Öko boomt in Spanien. Die Anbaufläche für ökologische Produkte hat laut Eurostat die 2.000.000-Hektar-Hürde bei zertifizierter Ökoanbaufläche genommen. Das Land auf der Iberischen Halbinsel, das nur allzu oft wegen schlechter Praktiken in der Landwirtschaft in den Schlagzeilen stand, ist damit – im Schatten der Kritik – zum mit Abstand wichtigsten Ökoproduzenten aufgestiegen.

Spanien ist damit zehn Jahre in Folge Spitzenreiter bei Bioanbauflächen in Europa und liegt deutlich vor Italien, Frankreich und Deutschland. Knapp 17 Prozent der gesamten Anbauflächen in der Europäischen Union für Ökoprodukte sind spanisch. Die Hauptprodukte sind Futtermittel für die Tierhaltung, Eier, Gemüse, Obst und Olivenöl. Im Norden Spaniens kommen Molkereiprodukte hinzu. Der Ökoanbau wuchs 2017 um 14 Prozent, die konventionelle Lebensmittelproduktion nur um zwei Prozent.

Halbe Ernte geht ins Ausland

Nach wie vor gehe über die Hälfte des Gemüses und Obstes ins Ausland, "aber der inländische Markt ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen", erklärt María Dolores Raigón, warum Bio boomt. Die Professorin für Landwirtschaft an der Universität in Valencia steht seit 2012 dem Verband der spanischen Ökolandwirtschaft (SEAE) vor. Längst seien die Produkte aus ökologischem Anbau in den großen Supermärkten Spaniens erhältlich. Doch anders als etwa in Skandinavien und Mitteleuropa werden in Spanien 40 Prozent der Produkte nach wie vor in kleinen Ökoläden um die Ecke verkauft.

Ein weiterer wichtiger Teil des spanischen Marktes ist selbstorganisiert. "Die Konsumgruppen spielen eine wichtige Rolle", sagt Raigón. Vor allem in den Städten finden sich meist junge Konsumenten zusammen und bestellen regelmäßig direkt bei Landwirten und Produzenten. Gaben die Spanier 2006 pro Kopf gerade einmal sechs Euro für Ökogemüse und Obst aus, sind es mittlerweile 32 Euro pro Jahr und Spanier. Der durchschnittliche Deutsche gab dafür 2017 fast viermal so viel, nämlich 116 Euro aus und der durchschnittliche Schweizer gar 274 Euro. Marktstudien zeigen, das der Konsum von Ökoprodukten in Spanien vor allem bei jungen Erwachsenen bis 35 starke Zuwächse verzeichnet.

Führungsposition in Europa

Für Raigón steht der Sektor vor einer großen Herausforderung, will er seine Führungsposition in Europa halten. "Wir müssen die ökologische Tierhaltung und damit auch der Anbau von ökologischen Futtermitteln stärken", sagt die SEAE-Vorsitzende. "Eine weitere Herausforderung besteht darin, die Verarbeitung von Agrar- und Lebensmittelprodukten auszubauen", fügt sie hinzu. Bis dato produziert die Ökobranche hauptsächlich frische Produkte. Diese werden exportiert, im Ausland verarbeitet und kehren dann als Fertigprodukte zurück.

Diesen Mehrwert würde Raigón gern in Spanien schaffen. Sie fordert mehr Engagement vonseiten öffentlicher Stellen, um die Ökobranche zu unterstützen.

Öko in Hand der Kleinbauern

Genaue Zahlen über Produktionsmengen und Umsatz liegen nicht vor. Denn abgesehen vom südspanischen Andalusien, wo sich die Hälfte der gesamten spanischen Anbaufläche meist in Besitz großer Unternehmen und Genossenschaften befindet, ist die Ökolandwirtschaft Sache von Kleinbauern. "Die zehn wichtigsten Unternehmen der Branche setzten im vergangenen Jahr insgesamt 170 Millionen Euro um", weiß Raigón.

Wie viele Beschäftigte die Branche zählt, ist ebenfalls nicht völlig klar. Zu viele Teilzeitverträge werden vergeben. Nur Andalusien – wo die Landesregierung die Branche fördert – legt eine schlüssige Statistik vor. Demnach arbeiten im spanischen Süden 12.800 Landwirte im Anbau von Ökoprodukten. (Reiner Wandler, 7.9.2018)