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Marco Polo hat dran gedacht: Er hat vor 700 Jahren ein Testament geschrieben. Das im Bild ist aber nur ein Replikat.

Foto: Reuters/Alessandro Bianchi

Wien – Jeder fünfte Österreicher hat ein Testament gemacht, hat eine Umfrage mit 1.500 Teilnehmern im Auftrag der Notariatskammer ergeben. Viel Unwissen herrscht über die Formvorschriften, die mit der Erbrechtsreform 2017 verschärft wurden – nur zwölf Prozent schätzen ihre Kenntnisse diesbezüglich als sehr bis eher gut ein. 62 Prozent haben wenig bis keine Ahnung, wie ein Testament auszusehen hat.

Das Testament rangiert im Vergleich mit anderen vorsorglich getroffenen Maßnahmen wie Lebensversicherung (52 Prozent), Sparbuch (47 Prozent) und Pensionsvorsorge (42 Prozent) mit rund 20 Prozent auf Platz vier. "Sehr viele Menschen haben Ängste, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen", meinte Markus Kaspar, Notar in Wien und Sprecher der Notariatskammer. Es geht um die Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit, etwas, woran man meist nicht denken will. Einen Anstoß, sich zu überwinden, liefert der Internationale Tag des Testaments am 13. September.

Die eigene Sterblichkeit

Je älter die Österreicher sind, desto eher haben sie eines: Bei den 40- bis 50-Jährigen liegt der Anteil bei 17 Prozent, bei den 61- bis 70-Jährigen beträgt er rund 30 und darüber in etwa 40 Prozent. Man sollte die Errichtung nicht automatisch auf spätere Lebensabschnitte verschieben, sagte Kaspar. "Der Tod hat keine Altersgrenze." Der passende Zeitpunkt hänge von der Lebenssituation ab. "Wenn Vermögenswerte wie Häuser, Wohnungen, Grundstücke vorhanden sind, wenn es minderjährige Kinder gibt, Kinder aus Vorbeziehungen oder wenn Unternehmen im Spiel sind, ist es ratsam, sich dem Thema zu widmen."

Bei den Gründen für ein Testament führt mit 47 Prozent die Aussage "Es gibt mir ein gutes Gefühl der Ordnung". 41 Prozent der Befragten möchten Streit unter den Angehörigen vermeiden. 40 Prozent wollen die Aufteilung nicht dem Zufall überlassen. 13 Prozent meinen, dass die gesetzliche Erbfolge nicht ihren Wünschen entspricht. Für Kaspar zählt vor allem eines: "Rechtssicherheit."

Ein Leitgedanke sollte klar sein

Der Nachlass solle zumindest so weit geregelt sein, "dass der Leitgedanke da ist, wer was bekommen soll". Der Notar gab zu bedenken: "Jede zweite Ehe wird geschieden, oft sind Kinder aus verschiedenen Vorbeziehungen da – wenn das nicht geregelt ist, kommt es zu den großen Auseinandersetzungen." Besonders wichtig sei ein Testament für nicht verheiratete Paare, wo der Partner trotz einiger rechtlicher Änderungen weiter "nicht wirklich abgesichert" sei. "Es gibt die Fälle, wo die Lebensgefährtin nach 20 Jahren aus dem Haus ausziehen muss, weil die Kinder aus erster Ehe darauf bestehen."

In Oberösterreich haben 39 Prozent der Befragten ein Testament, gefolgt von 27 Prozent in Vorarlberg. Schlusslicht ist Tirol mit 15 Prozent. Für die Bundesländer-Unterschiede hat die Kammer auch keine Erklärung, generell gebe es wohl ein Stadt-Land-Gefälle. "In der Großstadt denkt man vielleicht nicht so sehr daran, auch deshalb, weil nicht immer Eigentum vorhanden ist in Form von Immobilien. Im ländlichen Gebiet ist die Eigentumsbildung insofern doch größer."

Der digitale Nachlass

Neuland ist der digitale Nachlass. Noch unklar seien die Auswirkungen eines Urteils des deutschen Bundesgerichts in Karlsruhe vom Juli, demzufolge die Social-Media-Accounts eines Verstorbenen in die Gesamtrechtsnachfolge übergehen. Das Urteil sei auch für Österreich bedeutend und "richtungsweisend insofern es sagt, Digitales ist vererbbar", meinte Kaspar. Man müsse aber erst sehen, wie die Anbieter, also Facebook, Google & Co., darauf reagieren.

Grundsätzlich sei wichtig, dass der Erblasser Passwörter und Nutzernamen auffindbar hinterlegt. Und dass sich künftig jeder für sich auch darüber Gedanken macht, was mit seinen Online-Accounts und deren Inhalten passieren soll. Regelt man den digitalen Nachlass nicht, könnten laut Kaspar Vermögenswerte unerkannt bleiben oder Kosten anfallen, weil Internetdienste weiter laufen. (APA, 7.9.2018)