Die Staatschefs des Iran (Hassan Rohani), der Türkei (Tayyip Erdoğan) und Russlands (Wladimir Putin) treffen in Teheran aufeinander.

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Teheran/Moskau/Istanbul –Unmittelbar vor Beginn der Syrien-Konferenz in Teheran sind nach Angaben einer oppositionellen Gruppe die Luftangriffe auf die Rebellenprovinz Idlib fortgesetzt worden. Im Süden der Region seien mehrere Angriffe erfolgt, nachdem es in der Nacht ruhig geblieben sei, teilte die Syrische Beobachtungsgruppe für Menschenrechte am Freitag mit. Auch in den Tagen zuvor kam es nach Angaben von Regierungsgegnern zu Luftangriffen.

Zur gleichen Zeit hat in Teheran der Syrien-Gipfel begonnen, und zwar mit Einzelgesprächen der Präsidenten des Irans, der Türkei und Russlands. Die Welt erhofft sich von dem Gipfel die Vermeidung eines Blutbads. Ob es zur syrischen Offensive auf Idlib und damit zu einer humanitären Katastrophe kommt, könnte sich ab Freitagmittag entscheiden. Die Türkei ist als Schutzmacht der Rebellen dabei, Russland und der Iran als Verbündete der syrischen Regierung.

Vor dem Gipfel hatten die Uno und viele Regierungschefs eindringlich vor einem Blutbad gewarnt, sollte Syrien seine Offensive durchziehen. In Idlib leben neben Rebellen auch rund drei Millionen Zivilisten, darunter laut Uno mehr als eine Million Kinder.

Türkei will Offensive verhindern

Der iranische Parlamentschef Ali Larijani hatte am Donnerstag gesagt, er erwarte von dem Syrien-Gipfel eine Entscheidung zu Idlib. Die Präsidenten Wladimir Putin, Hassan Rohani und Recep Tayyip Erdoğan schauen allerdings von äußerst unterschiedlichen Blickwinkeln auf den Konflikt. Die Türkei, die sich für den Gipfel starkgemacht hatte, will die Offensive verhindern. Die Provinz Idlib grenzt an türkisches Staatsgebiet. Die Türkei befürchtet, dass hunderttausende syrische Flüchtlinge Richtung Türkei fliehen könnten. Das Land beherbergt schon mehr als drei Millionen Flüchtlinge.

Der Iran wiederum befürwortet einen Angriff auf Idlib. "Ohne eine Säuberung Idlibs von Terroristen wäre der Friedens- und Wiederaufbauprozess Syriens nicht möglich", sagt Außenminister Mohammad Javad Zarif. Es müssten aber Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten getroffen werden.

Russland hat in den vergangenen Tagen immer wieder betont, dass bestimmte Terroristen aus Idlib vertrieben werden müssten. Das Militär hat vor einigen Tagen mit Luftangriffen begonnen, die es am Donnerstag fortsetzte. Es hat an der syrischen Küste im östlichen Mittelmeer eine starke Flotte zusammengezogen.

Zweifel am Format

Unklar ist auch, ob das Format dabei hilft, die Probleme im Detail zu besprechen. In Teheran sah es kurz vor dem Gipfel so aus, als könnte das Treffen der Präsidenten am Freitagmittag nur eine Stunde dauern. Danach gebe es eine Pressekonferenz und bilaterale Treffen bis zum Nachmittag.

Der angesehen arabischen Tageszeitung "Al-Hayat" zufolge ist aber sowieso schon alles ausgemacht. Sie meldete am Donnerstag unter Berufung auf syrische Oppositionskreise, Russland und die Türkei hätten schon eine Einigung zu Idlib erzielt. Demnach soll die Türkei dort die Aufgabe übernehmen, Terrororganisationen zu bekämpfen und dafür ausreichend Zeit bekommen.

Europa fordert Schutz von Zivilisten

Die EU-Staaten im Uno-Sicherheitsrat riefen Russland und den Iran dazu auf, bei ihren Gesprächen die bisher vereinbarte Waffenruhe aufrechtzuerhalten. Eine militärische Eskalation könne "katastrophale humanitäre Folgen für die Zivilbevölkerung" haben, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung Großbritanniens, Frankreichs, Schwedens, Polens und der Niederlande vom Donnerstag. Auch Deutschland, Belgien und Italien, die kürzlich im Rat saßen oder bald sitzen werden, zeichneten die Erklärung mit.

Die Vertreter der acht EU-Staaten wollten am Freitag parallel zum Syrien-Treffen in Teheran ein Treffen mit Vertretern der syrischen Opposition in New York abhalten. Dabei solle ihnen eine "Plattform und eine Stimme innerhalb der Uno" gegeben werden, um zu erklären, wie eine humanitäre Katastrophe in Idlib verhindert werden kann.

US-Sanktionen gegen Unterstützer Assads

Unterdessen verhängte die US-Regierung Sanktionen gegen mehrere Unterstützer Assads. Betroffen seien unter anderem vier Personen, die zu Finanztransaktionen und der Lieferung von Waffen und Benzin an das syrische Regime beigetragen hätten, teilte das US-Finanzministerium am Donnerstag mit.

Nach Darstellung der Regierung liegen den USA zudem zahlreiche Hinweise vor, dass Syrien einen Chemiewaffeneinsatz gegen Idlib vorbereitet. Der Sonderberater für Syrien im US-Außenministerium, Jim Jeffrey, sagte am Donnerstag, seine Regierung betrachte jede Offensive als "leichtsinnige Eskalation". (APA, 7.9.2018)