Skopje/Wien – Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Freitag in Mazedoniens Hauptstadt Skopje seinem sozialdemokratischen Amtskollegen Zoran Zaev die volle Unterstützung für die Lösung des Namensstreits mit Griechenland zugesagt. "Das Abkommen ist ein Meilenstein und könnte weitere positive Entwicklungen in der Region auslösen", sagte Kurz laut seinem Büro bei einer gemeinsamem Pressekonferenz mit Zaev.

Zaev hatte mit der linkspopulistischen Regierung des griechischen Premiers Alexis Tsipras eine Einigung erzielt, dass sein Land künftig den Namen "Nord-Mazedonien" tragen soll. Die Bevölkerung Mazedoniens soll nun am 30. September in einem Referendum darüber befinden. Kurz drückte in Skopje seine Hoffnung auf eine rege Beteiligung und einen "positiven Ausgang" aus. Ein solcher würde die "europäische Perspektive" des Landes beflügeln. "Das wäre ein wichtiger Schritt in Richtung Europa".

"Die EU ist geografisch erst vollständig mit dem Beitritt der Westbalkan-Staaten", unterstrich Kurz ein Credo der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft. "Wir wollen Mazedonien in der EU sehen." An sich hatte die EU-Kommission schon 2008 den Beginn von Beitrittsgesprächen empfohlen, doch legte sich Athen seitdem beständig quer. Der Namensstreit der Nachbarländer dauert seit 1991 an, als Mazedonien im Zuge des Zerfalls Jugoslawiens ein unabhängiger Staat wurde. Griechenland will, dass Mazedonien seinen Namen ändert, weil der nördliche Teil Griechenlands auch den Namen Makedonien trägt.

Auch Widerstand

Der Bundeskanzler appellierte am Freitag in Skopje zudem "an alle politischen Akteure des Landes", sich konstruktiv in Diskussionen um die Lösung des Namensstreits mit Griechenland einzubringen. Er wollte daher im Lauf des Freitags auch mit der Opposition Gespräche führen. Vor allem die nationalkonservative Partei VMRO-DPMNE (Innere Mazedonische Revolutionäre Organisation – Demokratische Partei für Mazedonische Nationale Einheit) ist gegen die von Zaev ausgehandelte Lösung. Mazedonien gebe damit seine nationale Identität auf.

Die VMRO-DPMNE erklärte ursprünglich, mit "allen demokratischen und rechtlichen Mitteln" gegen die "Kapitulation" Skopjes kämpfen zu wollen. Sie hat im Parlament auch genug Stimmen, um eine Verfassungsänderung zu blockieren. Bis jetzt erließ die Partei aber keinen Aufruf zum Boykott des Referendums. Laut Diplomaten dürfte die VMRO-DPMNE in der Frage innerlich zerrissen sein. Neben einem Flügel, der die Ablehnung offen artikuliert, gebe es auch Kräfte, die einer pragmatisch-diplomatischen Lösung offen gegenüber stehen. Kurz wollte der VMRO-DPMNE daher die "gleiche Message" überbringen wie der Regierung und auf sie einwirken, eine "konstruktive Rolle im Geist der europäischen Integration" zu übernehmen.

Die VMRO-DPMNE hatte die frühere jugoslawische Teilrepublik zwischen 2006 und 2017 regiert. Infolge einer Korruptions- und Abhöraffäre musste die Partei von Langzeit-Premier Nikola Gruevski auf Vermittlung der EU die Macht abgeben, einer Übergangsregierung und vorgezogenen Parlamentswahlen im Dezember 2016 zustimmen. Kurz war in Folge in die Kritik geraten, weil er vor diesem Urnengang einen Wahlkampfauftritt für die umstrittene Regierungspartei absolvierte.

"Schlag ins Gesicht"

Die mazedonischen Sozialdemokraten bezeichneten den Wahlkampfauftritt des damaligen Außenministers als "Schlag ins Gesicht". Kurz würde die Positionen der EU untergraben und Mazedoniens Demokratie schaden. Kurz verteidigte sein Wahlkampf-Engagement und betonte, dass dies alle Parteienfamilien so machten. Kontakte zu Schwesterparteien in Regierungsverantwortung ermöglichten sogar, "in dem Land auch ein Stück weit mitsprechen zu können", verwies der damalige Minister auf das Flüchtlingsthema. Auch am Freitag kam Kurz nicht an seiner Leibagenda vorbei. "Dank auch an Mazedonien für wichtigen Beitrag im Kampf gegen illegale Migration", sagte der ÖVP-Kanzler. "Mazedonien war und bleibt Schlüsselspieler bei der Schließung der Westbalkanroute."

Zaev wiederum dankte für die "starke und herzliche Unterstützung" und erinnerte auch daran, dass die Verhandlungen mit Athen unter anderem auch in Österreich stattfanden. "Die Antwort und die Lösung für unsere Zukunft wurden in Wien entworfen. Mit dem Abkommen haben wir dir Türen für unsere Mitgliedschaft in der NATO und für den Beginn von EU-Beitrittsgesprächen geöffnet." Dass eine Einigung im Namensstreit an Widerständen in Griechenland scheitern könnte, befürchtet der Politiker der Sozialdemokratischen Liga Mazedoniens (SDSM) indes nicht. Im Gegensatz zu Mazedonien bedürfe es in Athen keiner Volksabstimmung. Dort werde der Ratifikationsprozess im Parlament abgehandelt. Und selbst wenn auch in Griechenland nationalistische Kreise den Kompromiss ablehnen würde, sei eine Mehrheit der Bevölkerung dafür. Das habe ihm Premier Tsipras bestätigt.

Auch andere Politiker und globale Akteure engagieren sich derzeit für ein Ende des Namensstreits. US-Präsident Donald Trump hatte am Donnerstag seine Unterstützung für das Abkommen zwischen Mazedonien und Griechenland kundgetan. Es ebne dem Land "den Weg für die Mitgliedschaft in der NATO und der EU", hieß es in einem Schreiben Trumps, das von der US-Botschaft in Skopje veröffentlicht wurde. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte am Donnerstag in Skopje ebenfalls für Zustimmung zu dem Deal geworben. Am Samstag reist die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Mazedonien. (APA, 7.9.2018)