Architekturpreise gibt es viele. Der britische Carbuncle Cup ist aber einer der wenigen, den Architekten wohl unter keinen Umständen gewinnen wollen: Damit zeichnet das britische Magazin "Building Design" seit 2000 jedes Jahr das am wenigsten gelungene Gebäude aus, das im vergangenen Jahr in Großbritannien fertiggestellt wurde.

Nun wurde der heurige Gewinner bekanntgegeben. Dabei handelt es sich um ein Objekt im Zentrum von Stockport, einer Stadt in der Nähe von Manchester. Im Redrock Stockport sind ein Kino, Geschäfte, Restaurants, ein Fitnesscenter und ein mehrstöckiges Parkhaus untergebracht. Es wurde vom Architekturbüro BDP für die Stadt geplant.

Foto: Building Design

Als Gründe für die zweifelhafte Auszeichnung werden von der Jury die seltsame Gebäudeform, die unzusammenhängende Masse und die oberflächliche Dekoration genannt.

Das Gebäude sei eine "Sammlung von langweiligen Schachteln", die mit "zufällig gewählten Winkeln und protziger Fassadenverkleidung" überhaupt nicht auf die Umgebung Bezug nehmen. Laut Jury zieht das "stadelartige" Gebäude das Stadtzentrum ins Lächerliche.

Dabei sollte es ebendieses retten: Das Redrock Stockport ist Teil eines großen Stadterneuerungsprojektes, mit dem dem schwächelnden Stadtzentrum geholfen werden soll.

Für die Juroren ist das Projekt aber eine "vergebene Chance" und eine "traurige Metapher für unsere um ihr Überleben kämpfenden Hauptstraßen".

"Eine absolute Monstrosität. Ich habe schon schönere Gefängnisse gesehen", so lautete eine besonders drastische Leserreaktion, die die Jury zitierte.

Foto: Building Design

Fünf weitere Projekte waren für den Carbuncle Cup nominiert – ihre Architekten dürfen jetzt also aufatmen. Auf der Shortlist fand sich auch das Projekt Lewisham Gateway von PRP Architects in London. Vom großen Stadterneuerungsprojekt wurden bisher in einer ersten Phase zwei Wohntürme fertiggestellt, zwei weitere befinden sich aktuell in Bau. Die Türme würden wie die große Mehrheit von großen Wohnblöcken in London zugleich müde und aggressiv wirken, so die Jury.

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Auch der Haydn Tower (Architekt: Rolfe Judd) in London war unter den Nominierten. Aufgrund von "mindestens drei unterschiedlichen Fassadenverkleidungen" ist der 28-stöckige Turm eines der "verwirrendsten und disharmonischsten Gebäude in Vauxhall", so die Jury.

Foto: Building Design

Dieses Passivhaus in Streatham (Architekturbüro: Pace Jefford Moore Architects) in London war ebenfalls für den Caruncle Cup nominiert – unter anderem wegen der ungewöhnlichen und überraschend einheitlichen Farbwahl, die sich nicht in die Umgebung einfügt. Das Haus schaue mehr wie ein Umspannwerk als ein Zuhause aus, lautete das Urteil.

Foto: Building Design

Als nicht geglückt erachten viele auch den zweistöckigen Dachausbau des Shankly Hotels in Liverpool, geplant von Signature Living. Er sei zu geradlinig und rechteckig und passe nicht zum Rest des Gebäudes, so die Jury. Der Ausbau rage seltsam über das Gebäude und stehle ihm damit die Show.

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Das Studentenheim Beckley Point in Plymouth, entworfen von Boyes Rees Architects, war ebenfalls für den Carbuncle Cup nominiert. "Ein sich seltsam zuspitzender Tempelturm", befand die Fachjury. Am schlimmsten sei aber der Einfluss, den das Gebäude auf seine Umgebung hat: Weil es das höchste weit und breit ist, ist es weithin sichtbar.

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Im Vorjahr ging der Carbuncle Cup an das The Nova Victoria, einen gemischt genutzten Komplex in London.

Foto: Dominic Lipinski/PA via AP

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Unter den ausgezeichneten Projekte der letzten Jahre war auch das Hochhaus Walkie Talkie von Rafael Vinoly. Das 2015 ausgezeichnete Hochhaus, das seinen Spitznamen aufgrund seiner Form erhielt, die an ein Walkie Talkie erinnert, ging in die Architekturgeschichte ein, weil die geschwungene Fassade Sonnenstrahlen wie ein Brennglas bündelte – und so sogar Autos zum Schmelzen brachte. (zof, 9.9.2018)

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