Seine Popularität ist ungebrochen. Zuletzt zeigte sich das hierzulande dadurch, dass ein für 5. Dezember anberaumtes Konzert in der Wiener Stadthalle innerhalb von 20 Minuten ausverkauft gewesen sein soll. Konsequenterweise wurde tags darauf eine Zusatzkonzert anberaumt, dafür gibt es noch Karten.

Was wirklich zählt, ist der Fun im Studio: Paul McCartneys Lebens- und Spielfreude sind die herausragenden Merkmale seines neuen Albums "Egypt Station".
Foto: MPL Communications

Der Anlass für die beiden Konzerte ist jetzt erschienen. Es ist das 18. Soloalbum, das Paul McCartney nach dem Ende der Beatles veröffentlicht hat. Es heißt Egypt Station. Darauf zeigt sich der 76-jährige Brite in Erzähllaune. In Happy With You gibt er sich zudem altersmilde. Er singt, dass er sich früher immer eingeraucht und besoffen hätte, jetzt sei das nicht mehr notwendig: "I'm happy with you." Was das über frühere Beziehungen des Sirs aussagt, wollen wir nicht wissen.

McCartney zählt zu den Unberührbaren des Pop. Immerhin hat er das Fach als einer von zwei wesentlichen Songwritern miterfunden. Melodien scheinen ihm heute noch leichtzufallen. Doch selbst wenn das Album seine Momente hat, zeigt sich wieder einmal eines: Die immergrünen Formeln der Beatles sind in der Popmusik dermaßen aufgegangen, dass sie naturgemäß ein wenig abgegriffen wirken, wie Melodien, die man schon oft gehört hat – so eingängig sie sein mögen.

Paul McCartneys neuer Song "I Don't Know".
PaulMcCartneyVEVO

Aber die Geschichte lässt sich nicht umschreiben, und als Vorwurf an den Schöpfer unsterblicher Songs taugt das ebenfalls nicht. Und für einen rüstigen Rentner macht McCartney immer noch beachtliche Musik. Er reibt sich zeitgeistig am US-Präsidenten, ohne das Goldene Dachl im Song Despite Repeated Warnings namentlich zu nennen.

Im hübschen Opener I Don't Know lässt er ein wenig in seine Psyche blicken. Er singt von den Krähen an seinem Fenster und den Hunden, die vor seiner Türe lagern. Das lässt sich ohne Aufwand in Richtung Spätherbst des Lebens deuten, andererseits scheint McCartney immer noch Freude an seinem Tun zu finden. Das ist vielleicht das auffälligste Merkmal dieses Albums: die Lebensfreude, die es verströmt. Da mögen manche Songs qualitativ nicht mithalten können, aber als Begleiter mehrerer Generationen von Fans reicht es vielleicht einfach, dass er noch da, noch aktiv ist. Er könnte auch zu Hause sitzen und in seinem Geldspeicher spielen, aber da greift er lieber in die Gitarre, in den Bass.

Schaler Schmäh

Ein paarmal gibt er es billig, und dass sein Humor nicht besonders tiefsinnig ist, hat er schon öfter bewiesen. Ausgerechnet in der Single Fuh You – das schreibt er wirklich so – offenbart sich beides: Der schale Schmäh mit dem bösen Wort trifft auf Gebrauchsmusik der Marke Coldplay.

Lyric Video zu Paul McCartneys neuem Song "Fuh You".
PaulMcCartneyVEVO

People Want Peace ist ebenfalls einfach gebaut, da hält er aber mit Rumplern wie Come On To Me dagegen und lässt die Soulhörner von Muscle Shoals ertönen. Dominoes wird kein Hit werden, ist aber ein atmosphärisches Kleinod. Insgesamt ein hübsches Album, dessen Material kein Best-of-Konzert des Meisters in den Abgrund reißen wird. Und sein Sgt. Pepper hat er ja schon abgeliefert. (Karl Fluch, 8.9.2018)