Es fängt so harmlos an. So ein ganz entspannter Morgen. Eben noch in den Gänsefedern, nun im Kimono am Frühstückstisch. Das undankbare, ungezogene, ausgezogene Kind war auf Stippvisite, der Kühlschrank enthält überraschenderweise noch Reste an Genusswaren. Vor der Nase eine dampfende Tasse voll ungesunden Kaffees mit lactosegeschwängerter Schaumkrone, das gekochte Ei noch jungfräulich ungepellt.

Der fatale Blick aufs Handy

Dann dieser eine, fatale Blick aufs Handy. Diese so unbedacht aufs Handy geworfenen Blicke, um zu sehen, wie spät es ist. Und da ist es schon klar wie Kloßbrühe, da ist es schon zu spät. Weil man als Nächstes bei Facebook oder Twitter nachsieht.

Und das entspannte Frühstück plötzlich mitten in eine Art epische Urschlacht zwischen Gut und Böse versetzt wird, bei der manche Fronten klar verlaufen, andere Fronten aber auch der Göttin des Chaos beim Zuordnen noch Kopfzerbrechen bereiten würden. Das mit der Göttin des Chaos befindet sich als zukünftige Berufsmöglichkeit nach passender Job-Description noch im Hinterkopf.

Wenn einmal wirklich alle Stricke reißen und die alte Göttin in Pension gehen möchte. Auch Götter altern. Online altern Götter noch schneller. Das Netz entfaltet sich in einer grausigen Schönheit zwischen unbeachtetem Kipferl und dem leeren Marmeladelöffelchen.

Der Kaffee: erkaltet vergessen. Die Fingerspitzen glühen. Man manövriert zwischen Shit- und Informationsströmen: eine Reise gefährlicher als jene zwischen Skylla und Charybdis. Und irgendwann, irgendwann hat diese Suche einstweilen einen krönenden Abschluss gefunden, wichtigste Information des Tages wie ein verschollener Goldschatz gehoben. Die Presse titelt: "Durchfall ist kein Grund, den Alkomattest zu verweigern". Kein Wunder. Man pustet auch aus der anderen Öffnung. (Julya Rabinowich, 8.9.2018)