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Serbiens Präsident Aleksandar Vucic sollte am Sonntag eine Rede im Kosovo halten.

Foto: REUTERS/Axel Schmidt

"Hat man denen den Nobelpreis oder den Oskar versprochen?", schrieb ein Kosovare mit ironischem Unterton nach dem Scheitern des Dialogs in Brüssel am Freitag auf Facebook unter dem Hashtag DramaQueen. Viele sprachen in Prishtina von einer durchschaubaren Politik-Inszenierung.

Was war geschehen? Vor seiner groß angekündigten Rede im Kosovo am Sonntag sagte der serbische Präsident Aleksandar Vucic am Freitag plötzlich das geplante Treffen mit seinem kosovarischen Amtskollegen Hashim Thaçi in Brüssel ab.

Vucic und Thaçi saßen deshalb jeweils hintereinander und getrennt bei der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini auf dem Sofa. Einen Grund für die Absage des gemeinsamen Gesprächs lieferte Vucic nicht. Der Leiter des serbischen Büros für den Kosovo, Marko Duric sagte nur, es bestünden "nicht mehr die geringsten Bedingungen für den Dialog".

Erfolglose Verhandlungen

Am Donnerstag hatte es allerdings geheißen, dass Thaçi – anders als von ihm angekündigt – beim Dialog am Freitag nun doch nicht die Idee von Grenzänderungen anhand ethnischer Kriterien vorbringen werde. Der serbische Außenminister Ivica Dacic kritisierte indirekt die Rolle von Großbritannien, indem er sagte, dass einige Staaten an einem Friedensabkommen nicht interessiert seien. Großbritannien hatte als Mitglied des UN-Sicherheitsrats klar signalisiert, dass es gegen neue Grenzen auf dem Balkan anhand ethnischer Kriterien ist.

Auch Deutschland hatte sich gegen die Idee gestellt. Denn bisher war es immer Politik des Westens gewesen, die früheren innerjugoslawischen Grenzen zu erhalten und keine ethnischen Grenzziehungen, die Nationalisten verfolgten, zuzulassen.

Kritik gab es am Freitag an der erfolglosen Verhandlungsführung unter Mogherini, die es zugelassen hatte, dass die beiden Balkan-Politiker das Dialog-Format nicht eingehalten haben. Sogar Vucics Besuch im Kosovo schien am Freitag zu wackeln. Vucic befahl den serbischen Institutionen, jegliche Kommunikation mit der Kosovo-Polizei und mit den internationalen Kfor-Friedenstruppen zu stoppen, die allerdings für die Sicherheit von entscheidender Bedeutung ist.

Das serbische Fernsehen berichtete, dass Vucic möglicherweise nicht in den Kosovo kommen werde, weil es ihm nicht erlaubt worden war, den Stausee Gazivoda im Nordkosovo zu besuchen. Der Stausee ist für den Kosovo von systemischer Bedeutung: Man braucht den See für die Wasserversorgung der Bevölkerung im gesamten Kosovo und für das Abkühlen eines Kraftwerks.

Sorge um Stausee

Wegen der Diskussion um eine Teilung des Kosovo entlang ethnischer Kriterien war in Prishtina zunehmend die Sorge aufgetaucht, dass der Stausee zu Serbien kommen und dies zu einer Versorgungskrise im Kosovo führen könnte. Gazivoda befindet sich im Nordkosovo, wo viele Serben wohnen. Nach dem Plan von Vucic und Thaçi sollte im Austausch mit dem Nordkosovo das Presevo-Tal in Südserbien zum Kosovo kommen.

Der kosovarische Außenminister Behgjet Pacolli bestätigte, dass der Kosovo Vucic nicht erlauben würde, Gazivoda zu besuchen. Im Kosovo hatte man den Eindruck, dass mit so einem Besuch Besitzansprüche verbunden werden könnten. Der Zaun rund um den Stausee war in den serbischen Farben bemalt worden. Medienberichten zufolge sollen sich die beiden Präsidenten das nächste Mal in zwei Wochen treffen. (Adelheid Wölfl aus Prishtina, 7.9.2018)