Die Königsdisziplin

Vorstieg oder Lead heißt die klassische Disziplin des Wettkampfkletterns. Dabei gilt es, zwei verschiedene Routen zu bezwingen. Die Athleten haben dafür jeweils sechs Minuten Zeit. Wer insgesamt am höchsten kommt, hat gewonnen.

Jessica Pilz bei der Qualifikationsrunde im Vorstieg bei der Kletter-WM in Innsbruck.
Foto: EXPA/Erich Spiess

Vorstieg daher, weil die Kletterer von unten gesichert werden und in der mindestens 15 Meter hohen Wand alle Zwischensicherungen selbst einhängen müssen. Im Finale wird "onsight" geklettert, das heißt, die Athleten haben nur sechs Minuten Zeit, sich die Wand anzusehen und einzuprägen, bevor sie in einer Isolationszone, von wo aus sie die Konkurrenz nicht beobachten können, ihren Einsatz abwarten müssen.

Der Vorstieg ist die Königsdisziplin des Kletterns. Titelverteidiger ist der Tscheche Adam Ondra, der als weltbester Felskletterer gilt. Österreichs Jakob Schubert ist derzeit Weltcupführender und Ondras größter Herausforderer.

Die Trendige

Bouldern ist die trendigste der Wettkampfdisziplinen. Dabei wird ohne Seilsicherung in Absprunghöhe geklettert. Eigentlicher Sinn des Boulderns ist es, schwierige Einzelzüge gefahrlos in Bodennähe zu üben.

Bouldern als Publikumsmagnet. Die Tirolerin Anna Stöhr, hier im Bild bei der EM 2015, musste vor der Heim-WM verletzungsbedingt ihre Karriere beenden.
Foto: Elias Holzknecht / woodslave

Im Wettkampf gilt es, vier bis fünf sogenannte Boulder oder Probleme zu lösen. Dafür haben die Athleten je fünf Minuten Zeit. Gewertet wird, wie viele Tops und Zonen man erreicht. Tops heißt, den Boulder zu lösen, die Zone ist meist ungefähr die Grenze auf halber Höhe des Boulders.

Bei Gleichstand wird zudem gewertet, wie viele Versuche die Sportler jeweils für ein Top oder eine Zone benötigt haben.

Die Athleten dürfen die Boulder vor dem Wettkampf nicht sehen. "Ich überlege meist 40 Sekunden, wie ich es angehe, dann klettere ich los", sagt die Tirolerin Katharina Saurwein, die bei der WM in Innsbruck auf einen Finaleinzug in ihrer Paradedisziplin hofft.

Das Stiefkind

Speedklettern ist das Stiefkind unter den Wettkampfdisziplinen. Unter Vorstieg- und Boulderspezialisten ist die Disziplin verpönt. Denn anders als bei diesen geht es hier nicht um die Routenwahl und Technik, sondern allein um die Schnelligkeit und Präzision.

Beim Speedklettern treten die Athletinnen im KO-System gegeneinander an.
Foto: Heiko Wilhelm

Die Routen beim Speedklettern sind immer identisch. Die Wand ist 15 Meter hoch, und die Sportler werden Toprope-gesichert, also anders als beim Vorstieg mittels Seil von oben herab.

Geklettert wird im K.-o.-System auf zwei exakt gleichen Routen nebeneinander. Nach zwei Durchgängen, bei denen die Athleten die Seite wechseln, gewinnt der insgesamt Schnellere.

Den aktuellen Herren-Weltrekord hält der Iraner Reza Alipourshenazandifar mit 5,48 Sekunden, bei den Damen die Französin Anouck Jaubert mit 7,32 Sekunden. Österreicher gelten hier nicht zum engeren Favoritenkreis.

Der ungeliebte Kompromiss

Kombination heißt die jüngste und zugleich umstrittenste Wettkampfdisziplin. Sie wurde eigens für die Olympischen Sommerspiele in Tokio 2020 eingeführt. Denn dort werden erstmals Medaillen im Klettern vergeben. Weil man sich für eine Disziplin entscheiden musste, erfand der Kletterverband kurzerhand die Kombination.

Bei der WM in Innsbruck werden die Einzelergebnisse der Athleten in den drei klassischen Disziplinen multipliziert. Die jeweils sechs Männer und Frauen mit dem niedrigsten Gesamtscore ziehen ins Kombinationsfinale ein. Dort müssen sie in allen drei Disziplinen erneut antreten.

Vorstieg- und Boulderspezialisten kritisieren, dass Speedklettern für sie so sei, als würde man in der Leichtathletik Marathonläufer zwingen, im 100-Meter-Sprint anzutreten. Die Premiere des Formats wird von der Kletterwelt daher mit Spannung erwartet. (Steffen Arora, 7.9.2018)