Kairo – Bei einem Massenprozess gegen Mitglieder der islamistischen Muslimbruderschaft sind in Ägypten 75 Angeklagte zum Tode verurteilt worden. Mehr als 600 müssen ins Gefängnis. Den Männern werde Aufruf zur Gewalt, Mord und die Organisation illegaler Proteste vorgeworfen, verlautete am Samstag aus Justizkreisen in Kairo.

Wegen eines Protestcamps zur Unterstützung des 2013 vom Militär gestürzten Präsidenten Mohammed Morsi mussten sich rund 700 Menschen vor Gericht verantworten. Bei der Räumung des Lagers kamen Hunderte Demonstranten durch Sicherheitskräfte ums Leben, laut Menschenrechtsgruppen mehr als 800 Menschen. Der Regierung zufolge starben bei den militanten Protesten acht Angehörige der Sicherheitskräfte. Zunächst hatte es geheißen, mehr als 40 Polizisten seien ums Leben gekommen.

Gefängnisstrafen

Unter den zum Tode durch den Strang verurteilten Personen befinden sich auch mehrere Führungspersonen der Muslimbruderschaft. Ihr geistlicher Anführer Mohammed Badie und Dutzende weitere wurden zu lebenslanger Haft verurteilt. Andere erhielten Gefängnisstrafen zwischen fünf und 15 Jahren. Fünf Personen sind bereits im Gefängnis verstorben. Amnesty International verurteilte die Gerichtsentscheidung und bezeichnete den Prozess als schändlich. Allein die Tatsache, dass kein einziger Polizeibeamter zur Rechenschaft gezogen werde, zeige, dass es sich um eine "Verhöhnung der Gerechtigkeit" handele.

Morsi wurde 2013 von Armee-Chef Abdel Fattah al-Sissi gestürzt. Seitdem wurde Tausenden Morsi-Anhängern der Prozess gemacht, Hunderte wurden zum Tod verurteilt. Bislang wurde aber keine der Todesstrafen vollstreckt.

Nach wochenlangen Protesten gegen den Sturz Morsis durch das Militär hatten Sicherheitskräfte das Protestcamp 2013 gewaltsam aufgelöst. Menschenrechtsgruppen haben den Prozess von Anfang an kritisiert und darauf verwiesen, dass auch friedliche Demonstranten und Journalisten angeklagt worden sind.

Der preisgekrönte Fotograf Mahmud Abu Seid, der über die Proteste berichtet hatte, wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Da seine fünf Jahre Haft während des Prozesses auf die Strafe angerechnet werden, dürfte er bald freikommen. (APA, 8.9.2018)