Athen/Thessaloniki/Skopje – Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat für die kommenden Monate und Jahre höhere Löhne und Pensionen sowie niedrigere Steuern versprochen. Allerdings müssten die Reformen fortgesetzt werden. Rund um seine Rede kam es am Samstag in Thessaloniki (Saloniki) zu verschiedenen, teilweise gewalttätigen Protestkundgebungen.

Alle Maßnahmen zur Anhebung des Lebensstandards würden im Einklang mit den Gläubigern angegangen, sagte Tsipras am Samstagabend bei einer Rede zur Eröffnung der 83. Internationalen Messe von Thessaloniki (DETH) in der griechischen Hafenstadt. "Wir sind entschlossen, das (mit den Gläubigern) Vereinbarte einzuhalten".

Die Gewerkschaften riefen dennoch zu Protesten gegen Arbeitslosigkeit und Sparpolitik auf. Tausende Griechen gingen gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung und gegen das Abkommen zur Beilegung des jahrzehntelangen Namensstreits mit Mazedonien auf die Straße gegangen. Mehr als 7000 Menschen nahmen an zwei getrennten Demonstration in der griechischen Stadt teil. Tausende Polizisten waren im Einsatz, um die Demonstrationen zu trennen und die Teilnehmer vom Messezentrum fernzuhalten.

Nationalisten und Rechtsextreme

Gewalttätig war vor allem die Demonstration von Nationalisten und Rechtsextremen, die gegen den zwischen Athen und Skopje erzielten Kompromiss im Streit um den Namen Mazedoniens protestierten. Diesen stellten sich auch Linksautonome entgegen. Bei der Demonstration der Nationalisten bewarf eine Gruppe Vermummter in Thessaloniki die Polizei mit Steinen und Feuerwerkskörpern, wie das Fernsehen zeigte. Die Beamten setzten Tränengas, Blendgranaten und Schlagstöcke ein, um die Randalierer auseinander zu treiben.

Beide Länder hatten sich darauf geeinigt, dass die ehemalige jugoslawische Teilrepublik künftig Nord-Mazedonien heißen soll und sich damit von der nordgriechischen Provinz Mazedonien (griechisch: Makedonia) unterscheidet. Als Gegenleistung will Athen den Weg des Landes zur NATO und in die EU nicht länger blockieren.

Mazedonien und Griechenland hatten Mitte Juni ein Abkommen zur Beilegung ihres seit 1991 andauernden Namensstreits unterzeichnet und darin für Mazedonien den Namen "Republik Nord-Mazedonien" festgelegt. Die Umbenennung soll den seit 27 Jahren währenden Streit mit Griechenland beenden.

Athen ist der Auffassung, dass der Name Mazedonien Teil des griechischen Nationalerbes sei. Viele Griechen befürchten, der Nachbarstaat könnte mit der Landesbezeichnung Mazedonien Ansprüche auf die gleichnamige nordgriechische Provinz erheben. Thessaloniki liegt in dieser Provinz.

Proteste gegen Sparpolitik

Tsipras hob in seiner Rede hervor, dass die griechische Wirtschaft dieses Jahr voraussichtlich um 2,5 Prozent wachsen werde. Die Arbeitslosigkeit sei von 27,5 Prozent vor vier Jahren auf 19,1 Prozent gefallen. In weiteren fünf Jahren solle sie auf zehn Prozent gedrückt werden. Das Land erziele einen primären Haushaltsüberschuss – ohne den Schuldendienst – von deutlich über 3,5 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Dass Griechenland auf dem richtigen Weg sei, attestierte auch der US-Handelsminister Wilbur Ross, der zusammen mit Tsipras den amerikanischen Pavillon auf der Messe besuchte. Ross erklärte, zahlreiche US-Unternehmen seien bereit, in Griechenland zu investieren, zum Beispiel in Werften. Das Land sei ein Ort der Stabilität im östlichen Mittelmeer.

Die Gewerkschaften sehen die Situation nicht ganz so rosig. Mehrere Tausend Menschen gingen in der Hafenstadt auf die Straßen und protestierten gegen die Sparpolitik. "Wir wollen Jobs und nicht endlose Steuern", stand auf Transparenten.

Nach acht Jahren hatte Griechenland am 20. August den EU-Rettungsschirm verlassen. Nach der Ende Finanz-Hilfsprogramme muss sich das Land wieder aus eigener Kraft am Kapitalmarkt finanzieren. Zurzeit sind die Zinsen für zehnjährige Staatsanleihen mit etwa 4,3 Prozent ungünstig – das ist der höchste Stand seit Ende Juni. Griechenland hat nach den Worten von Tsipras aber ein Kapitalpolster von 24 Milliarden Euro und brauche sich deswegen keine Sorgen zu machen. (APA, 8.9.2018)