Als 1989 am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf (Schweiz) der Grundstein für das World Wide Web gelegt wurde, "habe ich gar nichts davon mitbekommen", sagte der frühere CERN-Chef Rolf-Dieter Heuer am Samstagabend bei einer Veranstaltung in Wien. Wie sehr diese Innovation die Welt verändert hat, stehe jetzt außer Frage. Möglich habe das die Grundlagenforschung gemacht, so Heuer.

Anfänge des WWW

Am CERN arbeiten heute rund 3.500 Mitarbeiter aus den 22 europäischen Mitgliedsstaaten und darüber hinaus. Der Ende der 1980er Jahre an dem Forschungszentrum beschäftigte britische Physiker Tim Berners-Lee wollte das dortige Informationschaos eindämmen. Im März 1989 schlug er seinem Arbeitgeber ein Projekt auf Basis des Hypertexts vor, ursprünglich um Physiker in aller Welt mit den Daten der Teilchenbeschleuniger-Experimente versorgen zu können. Damit war die Basis für das seit Anfang der 1990er Jahre bestehende Internet gelegt. Als staatlich finanzierte Organisation stellt das CERN der Gesellschaft dortige Entwicklungen ohne Patent zur Verfügung.

Nachweis des Higgs-Teilchens

Heuer, der das CERN zwischen 2009 und 2015 leitete, war 1989 bereits an dem Forschungszentrum tätig, das u.a. 2012 mit dem Nachweis des Higgs-Teilchens für Aufsehen sorgte. Die Tragweite der ein Stück abseits der eigentlichen Grundlagenforschungsarbeit gemachten Entwicklung des Internets sei vielfach erst später erkannt worden. Ganz egal wie man zu den Veränderungen durch das World Wide Web stehe, "es hat die Gesellschaft verändert", so Heuer in Wien bei einer Diskussion mit den Titel "Forschung? Was geht mich das an!" im Rahmen des vom Wissenschaftsfonds FWF veranstalteten Festivals "Be Open" anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Fonds.

Grenzüberschreitende Vorhaben

Dass es das CERN überhaupt gibt, sei einer Handvoll "wissenschaftlicher und diplomatischer Visionäre" zu verdanken, die dessen Gründung 1954 vorangetrieben haben. Ihnen sei klar gewesen, dass das nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern liegende Europa nur durch grenzüberschreitende Vorhaben wieder an die Weltspitze herangeführt werden könne. Inzwischen ist das CERN, das sich am Wiener Maria-Theresien-Platz bis Ende Oktober mit der Wanderausstellung "Der Code des Universums" präsentiert, für den deutschen Wissenschafter ein wichtiges Projekt "für die Zusammenarbeit der Völker".

Gut investiert

Darüber, dass Österreichs seit 1959 andauernde Teilhabe am Europäischen Kernforschungszentrum nicht 50 Jahre später endete, wie es der damalige Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) 2009 angedacht hatte, freute sich mit Reinhold Mittlerlehner (ebenfalls ÖVP) ein anderer Ex-Wissenschaftsminister. "Schön, dass wir hier im Konjunktiv bleiben", sagte er mit Blick auf den damals im Raum stehenden CERN-Austritt. Die rund 20 Millionen jährlich, die man damit gespart hätte, seien jedenfalls gut investiertes Geld, was auch Studien belegen würden, so der nunmehrige Präsident der Österreichischen Forschungsgemeinschaft (ÖFG). (APA, 9.9.2018)