New York – Der Chef des US-Medienkonzerns CBS, Leslie Moonves, tritt wegen Vorwürfen sexueller Übergriffe ab. Moonves verlasse das Unternehmen "mit sofortiger Wirkung", teilte der Sender am Sonntagabend (Ortszeit) mit. Zuvor waren neue Vorwürfe gegen den 68-Jährigen erhoben worden.

Ende Juli hatten zunächst mehrere Frauen in einem Artikel des Magazins "New Yorker" Moonves sexuelle Belästigung vorgeworfen. Dabei ging es etwa um unerwünschte Küsse oder Grapschen. Am Sonntag veröffentlichte die Zeitschrift einen Artikel, in dem weitere Frauen Vorwürfe erhoben, die noch schwerer wiegen. Dabei war von sexueller Nötigung, erzwungenem Oralsex und Exhibitionismus die Rede. An Frauen, die ihn abblitzen ließen, habe Moonves sich gerächt, indem er ihre Karriere behindert habe. Die Vorwürfe beziehen sich auf den Zeitraum 1980 bis Anfang des Jahrtausends.

Anzeige bereits vergangenes Jahr

Eine der jetzt zitierten Frauen hatte im vergangenen Jahr Anzeige gegen Moonves erstattet. Sie wirft ihm vor, sie gezwungen zu haben, bei ihm Oralsex zu vollziehen. Überdies habe er sie gewaltsam gegen eine Wand geschleudert. Dem Bericht zufolge schätzte die Polizei von Los Angeles ihre Aussage als glaubhaft ein, die mutmaßlichen Taten seien jedoch verjährt gewesen.

Laut dem "New Yorker" räumte Moonves Treffen mit drei der Frauen ein, sprach jedoch von einvernehmlichem Sex, der sich vor seiner Zeit bei CBS ereignet habe. Er habe "niemals" seine Position missbraucht, um den Aufstieg oder die Karriere von Frauen zu behindern, sagte er.

Wie CBS weiter mitteilte, spenden Moonves und der Sender 20 Millionen Dollar (17,3 Millionen Euro) für die #MeToo-Bewegung und für Gleichberechtigung von Frauen am Arbeitsplatz. CBS-Geschäftsführer Joseph Ianniello werde zwischenzeitlich Moonves Position im Konzern übernehmen, hieß es.

Vorläufig keine Abfertigung

Weiter hieß es, eine Abfertigung werde nicht gezahlt, bis die Ergebnisse einer Untersuchung der Vorwürfe durch zwei Kanzleien vorlägen. Künftige Zahlungen würden vom Untersuchungsergebnis und anschließenden Beratungen im Verwaltungsrat abhängen.

Moonves war 1995 bei dem Medienkonzern eingestiegen und hatte CBS zum meistgesehenen Sender des Landes gemacht. Zuvor arbeitete er bei Warner Bros. Television, wo sein Team unter anderem Erfolgsserien wie "Friends" und "ER" entwickelte.

Medienberichten zufolge verhandelten Moonves und CBS bereits seit Bekanntwerden der ersten Vorwürfe über einen Abschied des Managers. Der Sender CNBC berichtete am Wochenende, ein Abschluss der Gespräche stehe kurz bevor. In mindestens einem Bericht hieß es, Moonves könne einen "goldenen Handschlag" in Form von Börsenanteilen in Höhe von 100 Millionen Dollar erhalten. Eine derartige Zahlung sei "völlig ekelhaft", sagte Jessica Pallingston, die dem "New Yorker" von Übergriffen Moonves berichtet hatte.

Die Vorwürfe gegen den CBS-Chef wurden von dem Journalisten Ronan Farrow veröffentlicht. Dieser hatte mit seinen Berichten über die Vorwürfe gegen den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein dazu beigetragen, die #MeToo-Debatte auszulösen. Er wurde dafür mit dem renommierten Pulitzer-Preis ausgezeichnet und machte in der Folge weitere Missbrauchsskandale öffentlich. (APA, 10.9.2018)