Das Caritas-Heim St. Gabriel im niederösterreichischen Maria Enzersdorf galt jahrelang als Vorzeigeprojekt. Politiker lobten die dortige Arbeit mit schwerkranken Flüchtlingen. Mit der Amtsübernahme Gottfried Waldhäusls als niederösterreichischer Asyllandesrat änderte sich das grundlegend.

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Der Ton macht die Musik, besagt eine Redensart. Übertragen auf einen Mailverkehr zwischen einer interessierten Bürgerin und dem Büro des niederösterreichischen Asyl- und Integrationslandesrats Gottfried Waldhäusl (FPÖ), kann man von Missklängen sprechen – und von einem sarkastischen Umgang mit Kritik aus der Bevölkerung. Die Mails liegen dem Standard vor.

Die Angestellte Susanne F. (Name der Redaktion bekannt), die unweit des Flüchtlingshauses St. Gabriel der Caritas in Maria Enzersdorf wohnt, wollte Ende Juni wissen, wie es den Schwerkranken gehe, die – wie berichtet – auf Betreiben Waldhäusls aus dem Heim hatten ausziehen müssen – laut dem Landesrat, der sich dabei auf eine Bluttat im Mai berief, aus Sicherheitsgründen.

Sie "ersuche um Auskunft und Transparenz", schrieb sie: "Warum werden schwerkranke Menschen mit multipler Sklerose oder spastischen Lähmungen als Sicherheitsrisiko eingestuft? Wo leben diese Menschen jetzt? Werden sie medizinisch, psychologisch betreut?" Auch forderte sie von dem Freiheitlichen eine Erklärung für manche seiner umstrittenen Äußerungen zu anderen Themen, etwa über "Hunde mit Migrationshintergrund".

"Blühende Gärten"

Die Reaktion des stellvertretenden Büroleiters Waldhäusls kam einen Monat später: "Vermutlich werden nicht alle Menschen die Arbeit von Herrn Landesrat Gottfried Waldhäusl schätzen und bewundern", schrieb er. Den ehemaligen Bewohnern von St. Gabriel gehe es "weit besser als vorher. Aus ihren kläglichen Klosterzimmern befreit, leben sie nun in schön hellen Zimmern und erfreuen sich am Sonnenschein in blühenden Gärten. Wenn Sie Zeit haben, fahren Sie vorbei und sehen Sie sich die Unterkünfte an." Susanne F. gab er dann noch mit auf den Weg: "Bleiben Sie weiterhin so interessiert und couragiert, wir freuen über solche Menschen wie Sie (sic!)."

Sie würde tatsächlich gern mit den ehemaligen St.-Gabriel-Bewohnern sprechen, replizierte F.: "Bitte teilen Sie mir mit, wo diese jetzt leben." Antwort des Büroleiter-Stellvertreters: "Sie brauchen sich wirklich keine Sorgen machen, den Menschen geht es gut." "Aufgrund von Datenschutzrichtlinien" könne er ihr jedoch nicht mitteilen, "wo diese Menschen nun ihre schöne neue Unterkunft gefunden haben."

"Mich empört dieser zynische Ton", sagt Susanne F. Eine Sprecherin Waldhäusls erkennt jedoch nichts Problematisches: "Für uns hat gelebte Bürgernähe Priorität, und wir sehen es als Pflicht und Selbstverständlichkeit, umgehend sämtliche Anfragen korrekt zu beantworten", schreibt sie.

Die Schwerkranken, die vor ihrem unfreiwilligen Abtransport bis zu acht Jahre lang in St. Gabriel betreut worden waren, müssen indes in den kommenden Wochen von neuem umziehen. Auch das Schulzheim im Helenental, in das sie aus dem Caritas-Haus umgesiedelt worden waren, wird auf Betreiben Waldhäusls geschlossen. Laut einem Unterstützer werden sie nach Lilienfeld verlegt: der zweite existenzielle Bruch binnen eines Vierteljahres. (bri, 11.9.2018)