Chemnitz/Berlin – Der wegen seiner Äußerungen zu Chemnitz unter Druck geratene Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat der deutschen Bundesregierung am Montag einen Bericht zu den Vorgängen übermittelt. Das schriftliche Dokument sei am Vormittag eingegangen und werde nun ausgewertet und bewertet, sagte die Sprecherin von Innenminister Horst Seehofer in Berlin.

Neben dem Innenministerium wurde er auch dem Kanzleramt zugeleitet, wie Regierungssprecher Steffen Seibert hinzufügte. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz hatte die Echtheit eines Videos von einer möglichen Hetzjagd auf Migranten in Chemnitz in Zweifel gezogen. Zudem äußerte er den Verdacht, es habe sich bei dem Video um eine gezielte Falschinformation gehandelt, "um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken". Seehofer hatte am Sonntag von Maaßen verlangt, bis zum Montag darzulegen, wie er seine Einschätzung begründet.

Aufklärung gefordert

Wann die Öffentlichkeit über den Bericht des Verfassungsschutzes informiert werden könnte, blieb zunächst offen. Er soll zunächst auch dem Bundestagsinnenausschuss und dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) zugeleitet werden. Wegen des Vorgangs wird bei Opposition und SPD Maaßens Verbleib im Amt in Zweifel gezogen.

Vertreter von SPD und FDP forderten am Montag außerdem Aufklärung über Vorwürfe, das Bundesamt für Verfassungsschutz könnte brisante Informationen an die rechtspopulistische AfD weitergeben. Der Fragenkatalog an Maaßen "wird angesichts der aktuellen Berichterstattung auf jeden Fall nicht kürzer", sagte SPD-Innenexperte Burkhard Lischka dem "Handelsblatt".

"Undichte Stellen"

Der FDP-Innenexperte Benjamin Strasser sagte: "Für Herrn Maaßen wird die Luft nun sehr, sehr dünn." Sollte sich bestätigen, dass Geheimdienst-Informationen an die AfD weitergegeben wurden, bleibe Maaßen "keine andere Alternative", als die Verantwortung zu übernehmen und sein Amt zur Verfügung zu stellen.

Nach Angaben des "Handelsblatts" besteht in einzelnen Bundesländern der Verdacht, dass es mit Blick auf die AfD "undichte Stellen" in den Sicherheitsbehörden, insbesondere dem Bundesamt für Verfassungsschutz, gebe. In einigen Landesverfassungsschutzämtern besteht demnach die Sorge, dass dort gesammelte Informationen und etwaige Einschätzungen über die AfD, "ihren Weg in die Öffentlichkeit oder direkt in die Hände der AfD finden".

Maaßen sei auch unter Berliner Spitzenbeamten hochumstritten, berichtete das "Handelsblatt" unter Berufung auf Regierungskreise. Der Jurist werde als hochintelligent beschrieben, aber auch als einer, der erkennbar von einer Agenda geleitet sei. Damit setze sich Maaßen dem Verdacht aus, "AfD-Sympathisant" zu sein, hieß es in den Kreisen.

Ein Sprecher des Verfassungsschutzes wies "die Spekulationen über die Weitergabe von Informationen an die AfD" ebenso wie den Vorwurf, die Bewertung der AfD zu verzögern, entschieden zurück. Für die Einstufung einer Partei als Beobachtungsobjekt müssten "hohe rechtliche Hürden" überwunden werden. Die Behauptung, Maaßen hege Sympathien für die AfD, entbehre jeglicher Grundlage. (APA, 10.9.2018)