Nach wie vor ist der "Drachenlord" fast täglich per Livestream zu sehen.

Foto: Youtube/Drachenlord

Sein Fall hat es zu großer Bekanntheit gebracht. Der Youtuber Rainer W., besser bekannt als "Drachenlord", erzählt in seinen Streams aus seinem Leben und redet über alle möglichen Themen. Seine Statements und Antworten auf User sorgen bisweilen für Erstaunen. Rund um seine Videos ist eine Community entstanden, allerdings nicht im üblichen Sinne.

Zahlreiche Nutzer haben es sich zur Aufgabe gemacht, den Streamer zu mobben. Nicht nur online, sondern auch höchst real. Im Ärger über die Provokationen hat W. einst seine Adresse bekanntgegeben und etwaigen Besuchern Prügel angedroht. Nun befindet sich sein Haus in einem kleinen Dorf in Deutschland praktisch im Belagerungszustand, wie die "TAZ" dokumentiert.

Die "Haider" und das "Schanzenfest"

Gegipfelt ist das Mobbing zuletzt im "Schanzenfest". Rund 800 Menschen tauchten im August vor W.s Haus auf, um das "Schanzenfest" zu "feiern". Der Begriff ist einer von mehreren, die innerhalb dieser Gemeinde gepflegt werden. Dort heißt W.s Hof "Drachenschanze". Sie selbst sind, angelehnt an seinen fränkischen Akzent, die "Haider" ("Hater") und spielen das "Drachengame".

Es ist längst nicht die erste Aktion. Immer wieder fliegen Eier und andere Gegenstände auf Haus und Grundstück. Selbst das Grab seines Vaters wurde schon besucht und beschädigt. Auf mehreren, eigens eingerichteten Webseiten werden seine Streams und Blogeinträge gehässig kommentiert.

Rainer W. nimmt Stellung zu den Ereignissen vom 20. August, dem "Schanzenfest".
Rainer Winkler

Der "TAZ"-Journalist fand bei seinem Eintreffen zwei Frauen vor, die offenbar gerade versuchen, sich Zutritt auf das Grundstück des "Drachenlords" zu verschaffen, und etwas später auf der Terrasse sitzen. Der Youtuber selbst droht dem Reporter Prügel an.

Fluch und Segen

Ein gespaltenes Verhältnis pflegt der Wirt des "Roten Sterns" im Nachbarort zu W. und seinen Verfolgern. Seit diese wissen, dass W. manchmal dort essen geht, bekommt auch er häufig Scherzanrufe und schlechte Onlinerezensionen. Vier der Übeltäter seien schon polizeilich überführt worden.

Die Leute, die für den "Drachenlord" extra anreisen, seien eigentlich die "wahren Idioten", befindet er. Solange sie bei ihm aber Essen und Getränke bestellen, habe er kein Problem mit ihnen. Ein Kellner outet sich insgeheim als einer jener, die W. besuchen fahren.

Konsequenzen unklar

Politik und Behörden geben sich wortkarg. Man habe erfolglos versucht, die Verantwortlichen für das "Schanzenfest" zu ermitteln, das trotz vorab ausgesprochenen Versammlungsverbots stattgefunden hatte. Es gab mehrere Festnahmen von Teilnehmern, aber nach Auskunft der Staatsanwaltschaft bisher noch keine gerichtlichen Konsequenzen. Weitere Maßnahmen sind laut dem Polizeipräsidium Mittelfranken nach wie vor "in der Schwebe".

Eine Änderung der Lage zeichnet sich vorerst nicht ab. Trotz der Demütigungen und des Mobbings ist der "Drachenlord" weiterhin fast täglich per Livestream zu sehen, nachdem er kurzfristig seinen Kanal stillgelegt hatte. "W. kann nicht ohne die Hater", resümiert man bei der "TAZ" – und sie nicht ohne ihn. (red, 11.09.2018)