Klimaanlagen können durch clevere Maßnahmen während der baulichen Umsetzung vermieden werden.

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Rund 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in der EU gehen auf das Konto von Gebäuden. Die EU hat deshalb Mindestanforderungen an die Energieeffizienz formuliert, die bei Neubauten, aber auch bei Sanierungen berücksichtigt werden müssen.

Doch in der konkreten baulichen Umsetzung wird oft über das Ziel hinausgeschossen, findet Monika Tropper-Grinschgl von der Fachhochschule Salzburg. "Es müssen viele Kennwerte eingehalten werden. Um das zu erreichen, wird meist viel Technik eingebaut", sagt sie.

Klimaanlagen, Systeme zur Wärmerückgewinnung oder automatisierte Beleuchtungen sind heute Stand der Technik. Doch sind sie auch immer nötig? Nein, meint die Holztechnologin. Sie forscht an sogenannten passiven Maßnahmen zur Einhaltung der Klimaziele. Dazu zählen die clevere Ausrichtung eines Gebäudes, einfache Maßnahmen zur Verschattung oder die Nutzung natürlicher Lüftung.

Die FH Salzburg ist einer von sechs Partnern aus Salzburg und Südtirol in dem EU-geförderten Interreg-Projekt "Alpines Bauen – Low-Tech". Der Begriff Low-Tech kennzeichnet hierbei die Philosophie, den Einsatz komplexer Technik auf ein Minimum zu beschränken oder nach Möglichkeit ganz darauf zu verzichten.

Ein Ziel ist die Entwicklung von Gebäudekonzepten, die passive Baumaßnahmen bereits in der Planung berücksichtigen. Weiters sollen Komponenten – beispielsweise Fenster, Türen, Lüftungen oder Anschlussteile zwischen Wand und Decke – auf ihre Eignung für Low-Tech-Gebäude getestet und dokumentiert werden.

Komfort zählt

Grundsätzlich ist das Forschungsprojekt auf Gebäude bis 400 Quadratmeter Grundfläche fokussiert sowie auf die baulichen Standards in den alpinen Regionen Salzburg und Südtirol. Ein Hauptargument für den Verzicht auf Technik ist der Bewohner selbst, sagt Tropper-Grinschgl.

"Der Nutzer soll mit seinem Gebäude zurechtkommen." Ein weiterer Grund ist der Energieaufwand für Heiz- und Lüftungstechnik. Nicht zuletzt ist Technik immer auch ein potenzieller Kandidat für Schadensfälle. Die Projektpartner legen Wert darauf, trotz der Low-Tech-Philosophie keine Abstriche beim Komfort zu machen, etwa beim Raumklima.

Ein wichtiges Element des passiven Ansatzes ist die Verwendung von Speichermassen. Dabei handelt es sich um Material, das Wärme aufnehmen und wieder abgeben kann – und so verhindert, dass ein Gebäude im Sommer überhitzt. "Holz funktioniert als Speichermasse, wenn man es nicht verkleidet und die Oberfläche durch Vor- und Rücksprünge vergrößert", sagt die Forscherin.

Mehr Erkenntnisse bringt der Abgleich zwischen einem virtuellen Gebäudemodell und mehreren realen Gebäuden. In letzteren werden zahlreiche Messdaten wie Temperatur, Energieverbrauch und Heizkosten erfasst. Am virtuellen Modell kann man quasi per Knopfdruck Fenstergrößen, Baumaterialien, Wandstärken, die Sonneneinstrahlung und mehr verändern und die Energieverbrauchswerte mit den realen Gegebenheiten vergleichen. So zeigt sich, wie gut das Computermodell ist. Und ob am Ende weniger wirklich mehr ist. (rl, 12.9.2018)