Der Brief, der anonym in einem Postkasten in Ottakring landete.

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Wien – Wer einen unfrankierten Brief in seinem Postkasten vorfindet, der mit "Ihr verhurten Drecksschweine" beginnt, darf wohl davon ausgehen, dass es mit dem nachbarschaftlichen Klima im Haus nicht zum Besten steht. In einem Mehrparteienhaus in Wien-Ottakring dürfte allerdings ein anonymer Briefschreiber am Werk gewesen sein, der mehr Probleme als nur einen harschen Umgangston hat. Die Person legte den entsetzten Nachbarn besagten Brief als Reaktion auf ein Transparent mit dem Text "Gegen den rassistischen Normalzustand" , das auf einem Balkon hing, ins Postkastl.

Ultimatum und Morddrohung

Es bleibt in dem Brief nicht bei der Beschimpfung und der Frage, ob die Empfänger, zwei Österreicher, von denen einer asiatische Wurzeln hat, noch mehr "Ausländerpack in Wien und Österreich" haben möchten, sondern geht mit einem Ultimatum und einer Morddrohung weiter: "Ihr entfernt euer Transparent vom Balkon, sonst werdet ihr dafür brennen und vielleicht sogar draufgehen. Wir geben euch eine Woche, wenn das dann noch da hängt, folgen Taten, ihr Bazillen." Das Fragewort was und der Artikel das sind in dem handschriftlich zu Papier gebrachten Text konsequent mit Doppel-S geschrieben – allerdings nicht in Runenschrift.

Der Brief würde fast versöhnlich mit "Also auf gute Nachbarschaft" enden, folgte ihm nicht ein finales "Nazis forever" neben einem (verkehrt herum) gezeichneten Hakenkreuz.

Hassschreiben am Hausaushang

Die Empfänger des Briefes, die sich den Balkon, auf dem das Transparent hing, mit einer weiteren Partei teilen, erstatteten Anzeige bei der Polizei, weil sie in dem Brief eine Androhung von Sachbeschädigung und Mord sehen. Das teilten die Betroffenen der Hausgemeinschaft am internen Aushang des Hauses mit und fügten auch das Schreiben hinzu, um die Mitbewohner auf die Hassnachricht aufmerksam zu machen.

Auf STANDARD-Nachfrage bestätigt ein Polizeisprecher, dass Ermittlungen wegen des Verdachts der Nötigung laufen. Auch das Landesamt für Verfassungsschutz sei in die Ermittlungen involviert. Die Polizei nimmt das Hassschreiben aufgrund der heftigen Wortwahl ernst und meint, man setze "alles daran, den Täter auszuforschen".

Das Transparent, auf das der Briefverfasser reagierte, ist straßenseitig nicht einsehbar. Es ist daher wahrscheinlich, dass der Verfasser im Haus wohnt.

Solidarität gegen "braunes Gerülpse"

Am Tag nachdem die Empfänger des Hass-Briefes ihr Schreiben am Hausaushang angebracht hatte, wurde ein zweiter von Nachbarn angeschlagen: "Entsetzt und beschämt über die Tatsache, dass solch 'braunes Gerülpse' in diesem Haus möglich ist, erklären wir unsere volle Solidarität mit den Nachbarn", steht da. Innerhalb von Stunden unterschrieben 20 Einzelpersonen und ganze Familien – Mieter ebenso wie Bewohner, die im Grundbuch stehen. (Colette M. Schmidt, 11.9.2018)