Was den Truck in Zukunft bewegen wird, steht auf der IAA im Mittelpunkt des Interesses.

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In wenigen Tagen richtet sich der Blick der Nutzfahrzeugbranche wieder auf Hannover. Dort öffnet am 20. September die 67. Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) ihre Pforten.

Das Motto dieser alle zwei Jahre stattfindenden "Leitmesse für Transport, Mobilität und Logistik", einer Zusammenkunft aller relevanten Player der Zunft, lautet heuer "Driving tomorrow": Neben Digitalisierung, Vernetzung und automatisiertem Fahren stehen vor allem alternative Antriebe im Mittelpunkt.

Druck aus Brüssel

Ein Thema, das schon die vergangenen Messen bestimmte – mit dem Unterschied, dass aus den Konzeptstudien, die noch vor zwei Jahren auf der IAA vorgestellt wurden, schon Serienmodelle geworden sind. Bemerkenswerte Fortschritte gab es dies bezüglich bei der Elektrifizierung von Transportern, also jenen Fahrzeugen, die vor allem auf der "letzten Meile", also im Zustellverkehr, im Einsatz sind.

Dort sind die leisen, batteriebetriebenen und damit so gut wie emissionslos fahrenden Vehikel gut aufgehoben. Was die Reichweite (bis zu 200 Kilometer) und die Zuladung (bis zu 1750 Kilogramm) betrifft, aber auch im Hinblick auf die im urbanen Raum immer strenger werdenden Regeln für (Zustell-) Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.

Angesichts strengerer Vorgaben aus Brüssel geraten auch die Hersteller schwerer Nutzfahrzeuge (ab einem Gewicht von zwölf Tonnen) zunehmend unter Zugzwang, den Kraftstoffverbrauch und die Schadstoffemissionen ihrer Trucks weiter zu senken. Und das, obwohl seit Einführung der Euronormen die Schadstoffemissionen schwerer Nutzfahrzeuge um insgesamt 98 Prozent zurückgegangen sind und auch beim CO2-Ausstoß erhebliche Verbesserungen zu verzeichnen waren, wie der deutsche Verband der Automobilindustrie (VDA, Veranstalter der IAA) gerne vorrechnet.

Brummis im Fokus

Aber es hilft nichts: Laut eines Verordnungsvorschlags der EU-Kommission müssen im Jahr 2025 die durchschnittlichen CO2-Emissionen neuer schwerer Nutzfahrzeuge um 15 Prozent niedriger sein als im Jahr 2019. Für 2030 ist ein im Moment noch unverbindliches ("inaktives") Ziel von mindestens minus 30 Prozent vorgesehen, um gerade in Europas Städten die Luftqualität zu heben.

Dies vor dem Hintergrund, dass ohne eine einheitliche Regulierung von CO2-Emissionen schwerer Nutzfahrzeuge die EU ihre Verpflichtungen gemäß Pariser Klimaschutzabkommen nicht einhalten können wird, wie die Kommission mit Hinweis auf das wachsende Verkehrsaufkommen zu bedenken gibt. Folgt man dem Verordnungsentwurf, stammen sechs Prozent der Gesamtemissionen in der Union von Lastwagen und Bussen, gemessen am CO2-Ausstoß gar 25 Prozent. Tendenz steigend.

Tatsache ist, dass schwere Nutzfahrzeuge eine unverzichtbare Rolle für den Waren- und Güterverkehr in Europa spielen: Bis 2040, so die Angaben des World Transport Reports der Prognos AG, soll die Güterverkehrsleistung in den zwölf größten EU-Mitgliedsstaaten von heute knapp zwei auf 2,7 Billionen Tonnen kilometer ansteigen. Davon werde auch weiterhin mehr als die Hälfte auf den Straßengüterverkehr entfallen.

Wirtschaftlichkeit geht vor

Die Nutzfahrzeugindustrie steht aber auch vonseiten der Flottenbetreiber unter Druck. So werden Brummis ausschließlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten eingesetzt. Mit einem Anteil von rund 30 Prozent bilden die Kraftstoffkosten in der Regel den größten Einzelposten der gesamten Betriebskosten. Allein deswegen haben die Betreiber ein massives Interesse daran, Fahrzeuge mit immer niedrigerem Kraftstoffverbrauch und damit niedrigeren CO2-Emissionen zu erwerben.

Wie auf der IAA zu sehen sein wird, arbeiten Mercedes, MAN, Scania, Volvo Trucks und Co zunächst an der Verbesserung des Dieselaggregats. Aufgrund seines großen Entwicklungsvorsprungs wird der Dieselmotor Experten zufolge noch lange Zeit die größten Marktanteile im Nutzfahrzeugsektor behalten. Größere (mediale) Aufmerksamkeit wird wohl alternativen Antrieben, allen voran dem E-Lastwagen, zuteilwerden. Auch davon wird es auf der Messe einige zu sehen geben. Aber eben nur dort und vermutlich noch lange nicht im Fernverkehr. Zu groß sind derzeit noch die wirtschaftlichen Unwägbarkeiten. (Markus Böhm, Transport & Logistik, 13.9.2018)