Heute, am 12. September, stimmen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments über eine neue Urheberrechtsrichtlinie ab und entscheiden damit, ob kulturelle Vielfalt in Europa noch möglich sein wird oder ob man sich dem Druck einiger weniger Internetkonzerne beugt und Kunstschaffende weiter ausbeutet. Seit langem verdienen sie an ihrer Arbeit kaum mehr etwas, und Regeln – die es in der Offline-Welt gibt und die sich dort bewährt haben – existieren im Netz schlichtweg nicht. Dabei fungiert doch das Internet als Medium der Stunde – nicht nur für User, sondern auch für Kunstschaffende!

Fast täglich lesen wir über Arbeitsbedingungen und faire Entlohnung – warum gilt das nicht auch für uns? Warum ist unsere Arbeit nichts mehr wert? Kunst schaffen ist kein Ehrenamt! Es sind nur jene, die mit unseren Werken Milliarden verdienen, einfach nicht bereit, dafür zu bezahlen, und die EU sieht weg. Warum? Weil die Googles, Facebooks und Youtubes dieser Welt offenbar mit ihren Einschüchterungskampagnen erfolgreich sind und Fehlinformationen streuen, die mit der Realität überhaupt nichts mehr zu tun haben. So sprechen sie etwa von der Einschränkung der Meinungsfreiheit oder gar Zensur als Folgen der neuen Richtlinie. Dabei ist das Gegenteil der Fall: Kunstschaffende waren noch nie für die Einschränkung irgendeines Grundrechts.

Wir sitzen mit den Usern in einem Boot. Wir wollen, dass auch sie sich im Internet in einem sicheren Rechtsrahmen bewegen. Und wir möchten ihnen auch weiterhin ungehinderten Zugang zu unseren Werken ermöglichen. Es ging bei der Urheberrechtsnovelle niemals um eine Einschränkung der User – es geht darum, die Internetgiganten endlich in die Pflicht zu nehmen. Europa muss jetzt handeln – sonst werden der Vorherrschaft von Mainstream und Populismus Tür und Tor geöffnet.

Laut einer aktuellen Studie von "Europe for Creators" glauben zwei von drei EU-BürgerInnen, dass Tech-Konzerne mehr Macht haben als die Europäische Union. Wollen Sie, liebe Abgeordnete, diesen Menschen recht geben? Oder wollen Sie ihnen beweisen, dass Europa gerade jetzt Stärke zeigt und unterstreicht, wie sehr die Menschen, die hier leben und arbeiten, im Mittelpunkt Ihrer Politik stehen? Es liegt an Ihnen. Es ist die letzte Chance. (Gerhard Ruiss, 11.9.2018)