Kira Grünberg spricht Kristina Vogel Mut für das Leben im Rollstuhl zu.

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Kristina Vogel bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt nach ihrem schweren Trainingsunfall.

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Wien – Die querschnittsgelähmte ehemalige Stabhochspringerin Kira Grünberg aus Österreich hat der im Training schwer verunglückten deutschen Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel Mut für das Leben im Rollstuhl zugesprochen. "Es ist unwichtig, wie lange man braucht, um die erste Phase zu überwinden und aus der Trauer herauszukommen. Entscheidend ist allein, dass man seinen Weg findet, um irgendwann wieder positiv in die Zukunft blicken zu können. Dass man sein neues Leben akzeptiert, das genauso schön sein kann", sagte Grünberg der Sport Bild.

Ganz entscheidend sei, dass sich Vogel jetzt Zeit nehme und Geduld habe. "Das Leben im Rollstuhl braucht viel mehr Zeit, ist langsamer. Das entschleunigt auch das Leben, was positiv sein kann", sagte Grünberg. Es gebe "einfach keine Betriebsanleitung, um wieder glücklich zu sein.". Sie sei dennoch davon überzeugt, dass Vogel die positiven Seiten des Lebens im Rollstuhl entdecken werde.

Die 27 Jahre alte Erfurterin Vogel war Ende Juni beim Training auf der Betonbahn in Cottbus schwer verunglückt. Am Freitag im Interview mit dem Nachrichtenmagazin Spiegel machte sie erstmals ihre Querschnittslähmung publik. Grünberg hatte Ende Juli 2015 beim Stabhochsprung-Training in Innsbruck eine Fraktur des fünften Halswirbels erlitten, seither ist sie auf den Rollstuhl angewiesen.

"Vielleicht gewinne ich meine zwölfte Medaille woanders"

Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt nach ihrem schweren Trainingsunfall hat Kristina Vogel viel Zuversicht verbreitet. "Was soll ich bedauern? Die Situation ist, wie sie ist. Ich finde definitiv neue Ziele, die ich abarbeiten kann", sagte die querschnittsgelähmte Bahnrad-Olympiasiegerin am Mittwoch im Unfallkrankenhaus Berlin, in dem sie seit dem Sturz am 26. Juni Patientin ist.

Sie sei keine Maschine, es habe Momente gegeben, "wo ich lernen musste, Tränen zuzulassen. Aber ich bin auf zwei Rädern genauso wie auf vier Rädern. Ich muss mich nicht verstecken. Ich möchte unabhängig sein", sagte die 27-Jährige, die am kommenden Wochenende erstmals vorübergehend in ihre Erfurter Heimat reisen darf.

"Ich freue mich unheimlich, wieder im eigenen Bett zu liegen, selbst zu kochen, das erste Mal die eigenen Wände zu spüren, allein zu sein mit meinem Lebensgefährten", sagte Vogel, die bereits erste Reha-Maßnahmen erfolgreich absolviert. Sie sei bereits im Bewegungsbad gewesen und habe ein erstes Rollstuhltraining hinter sich gebracht. "Ich möchte ins Leben zurück und auf möglichst viel Hilfe verzichten", sagte Vogel.

Vom Traum, mit einem zwölften WM-Titel zur alleinigen Rekordhalterin aufzusteigen, muss sich die frühere Bahnrad-Sprinterin dagegen verabschieden. "Ich weiß, dass ich in meinem Leben nicht mehr selbstständig laufen werde. Das ist Fakt", sagte Vogel, die ihren Optimismus dennoch nicht verloren hat: "Ich hätte gern den Rekord für mich gehabt. Das ist der Traum, der mir verwehrt bleibt. Aber vielleicht gewinne ich meine zwölfte Goldmedaille einfach woanders." (sid, 12.9.2018)