Foto: Getty Images/iStockphoto/ macniak
Foto: Getty Images/iStockphoto/ macniak

Pro
von Ljubisa Tosic

Es gibt wenig Erbarmungswürdigeres als einen Typen, der im Lokal ausgiebig auf seine Dame wartet. Minütlich verfinstert sich sein Wesen, in immer kürzeren Abständen zuckt sein Blick Richtung Handyuhr. Die Umgebung wird aufmerksam: Es bleibt ihr dieses Bild der Verzweiflung nicht verborgen, es bildet sich schließlich eine Käseglocke der Schadenfreude und des Mitleids. Sein leerer Blick ins leere Glas – da braucht einer Trost! Herr Ober, bringen Sie dem traurigen Mann noch ein Viertel! Entsetzlich.

Vor dem Lokal hingegen Flexibilität und Freiheit; Ungeduld lässt sich in Bewegung verwandeln. Regnet es, rückt er mit anderen Wartenden zusammen, plaudert, raucht vielleicht eine, und niemand glotzt. Die Straße ist der klassische Ort des Wartens und der Begegnung.

Und wenn sie dann doch noch erscheint, da ihre Verspätung nur ein Test seiner Zuneigung war, geht es gemeinsam ins Lokal. Gesteht er ihr, es gäbe ja doch nichts Schöneres, als auf sie zu warten, steht zumindest diesem einem perfekten Abend garantiert nichts mehr im Wege.

Kontra
von Lara Hagen

Vor dem Lokal auf die Dame oder den Herrn des Herzens warten – in Filmen sieht das immer ganz lässig aus. Da steht sie dann, die pünktliche Hälfte des Paares, eine Hand in der Hosentasche, die andere zieht genüsslich an einer Zigarette, den Blick in die Ferne gerichtet.

Wie so oft sieht das im wahren Leben dann anders aus – eher verloren und/oder gelangweilt als lässig. Statt vor der Tür ins Handy zu starren, gibt es also Besseres zu tun: einen schönen Tisch aussuchen, vielleicht auch schon die Getränke- oder Speisekarte studieren, um dann später eine Empfehlung parat zu haben.

Im Normalfall wird der Wartende nach wenigen Minuten erlöst. Und wenn dem nicht so ist, dann gibt es eigentlich nur eine Möglichkeit: sich den ganzen Abend vom Kellner das Glas füllen lassen und sehnsüchtig durch den Raum blicken, vielleicht findet sich ja ein erbarmungsvoller anderer Gast. Das war zwar wieder eine Hollywoodvorstellung, aber fest steht, dass es draußen auf der Straße sicher ein fades Warten geworden wäre. (RONDO, 20.9.2018)