Bild nicht mehr verfügbar.

Putin und Abe haben Kooperation auf den Kurilen vereinbart.

Foto: Reuters/Mikhail Metzel/TASS

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Staatsmänner besuchten einen Judokampf.

Foto: Reuters/Sputnik/Mikhail Klimentyev/Kremlin

Beim Judo heißt der Griff Ippon Seoi Nage. Kreml-Chef Wladimir Putin hat beim Wirtschaftsforum in Wladiwostok sinnbildlich die ausgestreckte Hand von Japans Premier Shinzo Abe genutzt, um ihn gekonnt auf die Matte zu legen. Abe hatte vorgeschlagen, den Ansatz bei den Friedensverhandlungen zu ändern, um schneller zu einem Resultat zu kommen. Putin konterte dieses Angebot geschickt.

Er sei einverstanden mit Abes Ansatz, einen neuen Weg zu einem Friedensvertrag zu suchen, sagte Putin. "Mir ist ein einfacher Gedanke gerade in den Kopf gekommen", erklärte er und schlug vor: "Lasst uns doch einfach einen Friedensvertrag machen – nicht gleich jetzt, aber bis zum Jahresende. Ohne alle Vorbedingungen. Anschließend entscheiden wir dann auf der Grundlage des Vertrags als Freunde alle weiteren strittigen Fragen", so Putin.

Ein durchaus raffinierter Schachzug. Denn in Tokio verbindet sich seit Jahren die Hoffnung auf eine Rückgabe der südlichen Kurilen-Inseln mit dem Friedensvertrag. Insgesamt sind drei Inseln – Iturup, Kunaschir und Schikotan – sowie die Inselgruppe Habomai zwischen den beiden Nachbarn umstritten. Geht Abe auf das Angebot ein, kann er jedoch nur noch auf den guten Willen Putins bei einer Rückgabe hoffen.

Tokio wenig interessiert

Der Chefkabinettssekretär der Regierung Yoshihide Suga wies die Offerte daher zurück und erklärte, Tokio wolle einen Frieden, bei dem vorher die territorialen Streitigkeiten geklärt seien. Für Japans politische Elite stehen die Kurilen, die dem Land ursprünglich im 19. Jahrhundert zugeschlagen wurden, nicht zur Disposition – auch wenn die Inselgruppe seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs faktisch Russland untersteht. Ein Kompromiss wäre die schon 1956 vorgeschlagene Rückübertragung von Schikotan und Habomai an Japan. Doch Hardliner auf beiden Seiten stehen der Einigung entgegen.

Russland würde sicher von einem Friedensvertrag profitieren. Der Ferne Osten des Landes ist die ökonomisch und infrastrukturell schwächste Region des Landes. Immer noch wandern Menschen aus dem Landstrich ab, obwohl die Regierung mit einem eigenen Ministerium und zahlreichen Präferenzen, darunter die Zuteilung von Land, versucht, die Bevölkerung zu halten.

Öl- und Gasvorkommen

Helfen könnte da wirtschaftliche Kooperation mit den prosperierenden Nachbarn. Die Region hat einiges zu bieten: speziell natürlich Öl und Gas. Allein vor der Küste Sachalins, der Japan am nächsten gelegenen Region, lagern schätzungsweise 620 Millionen Tonnen Öl und 2,1 Billionen Kubikmeter Gas. Doch um diese Quelle schwarzen Goldes anzuzapfen, sind Geld und Technologie nötig.

Sanktionen, mehr noch aber die komplizierten bilateralen Beziehungen lassen die Japaner nur zögerlich aktiv werden. Ein Friedensvertrag würde japanischen Investoren wohl mehr Sicherheit geben.

Auch für die Stabilität in der Region wäre ein solcher Vertrag hilfreich. Gibt es doch rund um die Koreanische Halbinsel, das Atomprogramm von Kim Jong-un und die zahlreichen Gebietsstreitigkeiten im Chinesischen Meer schon genug Konfliktpotenzial. Das Kalkül ist also klar, doch auch Putin muss klar gewesen sein, dass er damit Abe in die Enge treibt. Denn ohne die gleichzeitige Lösung der Kurilen-Frage gerät der japanische Premier in der Heimat schnell unter Druck.

Russlands Präsident Wladimir Putin hat Tokio eine heikle Offerte gemacht: Der Kreml-Chef will einen schnellen Friedensvertrag "ohne Vorbedingungen ". Japan hofft seit Jahren auf einen Deal um die Rückgabe der Kurilen-Inseln. (André Ballin aus Moskau, 12.9.2018)