Hat am Samstag Premiere: "Der gute Mensch von Sezuan" in Peter Wittenbergs Regie.

Foto: Alexi Pelekanos

Wie denn nun ein guter Mensch sein? Diese uralte, ewig wiederkehrende Frage weiß sich die Menschheit ebenso wie die Kunst in beruhigender Regelmäßigkeit zu stellen – bloß ihre Beantwortung fällt seit jeher schwer.

Eben dieser Aufgabe nimmt sich Peter Wittenberg in seiner Inszenierung von Der gute Mensch von Sezuan am Landestheater Niederösterreich an. Die Brecht'sche Parabel, zwar im chinesischen Sezuan situiert, tatsächlich aber in mindestens jeder kapitalistischen Gesellschaft vorfindbar, zeigt eine Reise dreier Götter auf der Suche nach dem Guten auf Erden, und da jenes in seiner Gesamtheit schwierig aufzufinden ist, nach wenigstens einem guten Menschen. Dieser begegnet ihnen in Gestalt der hilfsbereiten Prostituierten Shen Te (in St. Pölten zu Gast: Lili Epply), die nach einer großzügigen Geldgabe vonseiten der Götter einen Tabakladen erwirbt. Das Geschäft verwandelt sich im Lauf des Stücks in eine gewinnorientierte Fabrik, seine Protagonistin Shen Te, verkleidet als erfundener Vetter Shui Ta, in eine skrupellose Kapitalistin, deren Alter Egos Züge wie Mitleid und Manipulation, wie Gut und Böse gegeneinander ausspielen.

Peter Wittenberg zeigte zuletzt am Wiener Akademietheater in Die Wiedervereinigung der beiden Koreas eine überzeugende Aneinanderreihung stilisierter Szenen mit musikalischen Intermezzi – auf die St. Pöltener Brecht-Premiere mit Musik von Bernhard Moshammer darf man gespannt sein. Im Sinne der scheinbaren Diskrepanz – "Gut zu sein und doch zu leben" – scheitert zwar die Hauptfigur kläglich an ihrem eigenen Anspruch. Doch wird dem Publikum getreu dem epischen Theater keine Lösung – und schon gar keine Antwort – vorgesetzt. (lih, 13.9.2018)